17.07.08

NOCHMAL WETTKAMPF


Heute bin ich im strömenden Regen "flott" gelaufen, 12 km mit 4:50, und musste an die Toten vom Zugspitzlauf denken. Schon als ich beim Loslaufen einen Nachbar getroffen habe, musste ich annehmen, was er über diese „Spinnerei“ denkt. Ich bin kein Bergläufer, die paar Hundert Meter rauf und runter mal abgesehen. 500 km zu fahren, nur für einen Berglauf, nee. Bergwandern, ein bisschen Bergsteigen, einige über 2500, 3000 und einer über 4000, okay. Ist ja auch schon anstrengend.
In der Nichtläuferszene ist die Meinung anscheinend eindeutig: der Berg wird als Sportgerät missbraucht. Im
Bayern 2 Tagesgespräch vom 14.07.08 sind es vor allem die Bergwanderer von der Harmonie- und Jodelfraktion, die nun ihre negativen Erfahrungen mit Bergläufern loswerden wollen, die gegen alle ihre hochheiligen Regeln von Bekleidung und Vorsichtsmaßnahmen verstoßen. Man sieht: der Läufer nervt, weil er sich im Wettkampf am Berg an die Spitze setzt.
Eine andere Sache ist, dass Laufen mit Ehrgeiz verbunden ist. Ehrgeiz hat aber zwei Seiten.
Auf der einen Seite ist es ein Ausscheren aus der Norm, der Einigkeit mit anderen. Der Läufer ist schneller als die anderen, härter gegenüber sich selber. Noch mehr: Oft ist Laufen ein (zeitweiliges) Ausbrechen aus sozialen Bindungen, ist (trotz Lauftreffs) eine Art des Privatisierens und Sich Isolierens. Es ist darüber hinaus eine intensive Art der Selbstwahrnehmung, der Beschäftigung mit sich selber. Ja – Narzissmus. Ich laufe und bin mir dabei bewusst, dass ich mehr bringe als andere. (Ein gutes Gefühl? - Wenn da nicht die Zweifel wären, ob es nicht sinnvollere und nützlichere Arten gäbe, die Zeit zu verbringen. Oder die Gedanken, dass es da noch so viele nicht erledigte Aufgaben gibt.)
Auf der anderen Seite zeigt sich der Läufer paradoxerweise gerade in seinem Ehrgeiz als soziales Wesen. Die Ehre ist eine Sache, die uns in der Erziehung implantiert wird, und soziale Wertschätzung oder Verachtung ist eine tägliche Erfahrung, die jeder machen kann.
Jetzt mag man einwenden, dass dieser kämpferische Ehrgeiz, der es den anderen beweisen, sie niederzwingen und dominieren will, doch eigentlich recht asozial ist, sozial inhalts- und wertlos.
Ja, vielleicht.
Vielleicht ist man in dem Bestreben, stärker, härter, schneller als andere zu sein, eine gefühllose Kampfmaschine geworden. Gefühllos gegenüber dem eigenen Körper, der nicht mehr kann und will. Und hilflos gegenüber der Erfahrung der eigenen sozialen Schwäche und Unterlegenheit.

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