20.09.09

MARATHON, ZUM LETZTEN

Ich bin also meinen zehnten und vorläufig letzten Marathon gelaufen. Diesmal 3:36, so schlecht wie noch nie. Bei der Hälfte noch 1:40:30. Aber dann fiel es mir schwer, das Tempo zu halten. Die Kilometerzeiten bewegten sich auf 5:05, 5:23. Bald war mir klar, dass es nur noch ums Ankommen gehen würde. Also versuchte ich locker zu laufen, aber konzentriert, Halsmuskulatur ab und zu zu lockern, auf den Weg zu achten, dass ich nicht wieder stürze. Bei km 28 war klar, dass ich es nicht mehr unter 3:30 schaffe. - Traurig, aber was sollte ich machen? Wenn ich die Steigungen und schwierigen Stellen langsamer machte, nicht überpacete, könnte ich es schaffen, unter 6:00 je Kilometer zu bleiben. Aber ich lief schon an der Grenze. Luft im Magen, die nach oben wollte, führte immer wieder zu Brechreiz, bis sie endlich aufgestoßen war. Andererseits war ich durstig, die Temperatur war über 23°. Auf den letzten 200 Meter dann noch Krämpfe im Oberschenkel, ich musste anhalten, beugen usw.
Warum so schlecht? Schon Wochen vorher hatte ich Probleme; keine Lust zu laufen, keine Fantasie, nur das Ziel, zum letzten Mal den Marathon laufen und die schlechte Erfahrung vom letzten Jahr wiedergutmachen. Schlecht gelaunt an diesem Tag. Mein Alter. Und dergleichen Gründe mehr. Aber den entscheidenden Grund habe ich nicht gefunden. Ich habe versucht, irgendwelche Beziehungen zwischen Vorbereitung und Laufzeit zu finden, aber war nicht sehr erfolgreich. Hier
kann man die Tabelle studieren.


Wie ich vorhatte, werde ich jetzt also Laufen - vielleicht vorläufig - beenden, auch diesen Laufblog. Ich habe mit meinen Überlegungen über Sinn und Motive des Laufens keine Resonanz gefunden. Es ist so wie beim jetzigem Wahlkampf: obwohl dringende Themen anstehen – Demokratiedefizit, ökologische Grenzen, ökonomische Labilität – wird das nicht diskutiert. Stattdessen schauen die Leute Raab und Jauch, zeigen ihre Bewusstlosigkeit und ihren Blödsinn. Es scheint so zu sein, dass Laufen zu einer gewählten Gewohnheit wird, über deren Sinn und Unsinn dann nicht mehr reflektiert werden darf. So wie gesellschaftlich politisch alles so weitergehen soll wie immer. Obwohl offenbar ist, dass es so nicht mehr weitergehen kann und darf.

19.09.09

VOR DEM MARATHON

Ein Marathon ist immer ein Risiko. Die Frage stellt sich: kann ich durchhalten? Komme ich überhaupt an? Wie schnell werde ich sein? Ist meine Vorgabe gut gewählt? Werde ich mich taktisch richtig verhalten und nicht in der ersten Hälfte zu schnell sein?
Dann kommt der Lauf. Die ersten 25 km ziehen sich lange hin. Ich weiß, erst danach wird es interessant, bekomme ich ein Gefühl dafür, wie es laufen wird, ob die Krise kommt. Nach 28 wird es ernst. Manchmal komme ich damit zurecht, manchmal wird es sehr hart.
Deswegen möchte ich vorher nicht viel sagen. Besser, vorher über seine fehlende Form, mangelndes Training, Schmerzen da und dort jammern – diesmal ist es die linke Ferse. Besser auch, keine Zeit verraten, die ich laufen will. Es könnte ja schief gehen und nachher stehe ich blamiert da. Viele setzen ihr Ziel soweit nach hinten, dass sie auch noch im Gehen ankommen können. Aber etwas Risiko sollte schon sein.
der Vorbereitung habe ich dieses Jahr versucht, mich an die Trainingspläne zu halten, nicht schneller zu werden. Wie jedes Mal ist es mir nicht gelungen. Immerhin habe ich einige Läufe ausfallen lassen, weil ich durch das Radfahren erschöpft war. In meinem Alter kann es mit den üblichen Trainingsplänen leicht zu Übertraining kommen. Ich hoffe, das vermieden zu haben.
So richtig konzentriert auf diesen Marathon bin ich nicht. Nach den Erfahrungen vom letzten Jahr habe ich etwas Angst, es könnte wieder so laufen. Also werde ich dieses Jahr versuchen, in der ersten Hälfte, das Tempo zu bremsen. Zwar weiß ich wie immer, dass es unklug ist, volles Tempo zu laufen, aber mir fällt es dann schwer, das Tempo zu drosseln. Vor allem bei den ersten 25 km treibt es mich, endlich in die schwierige Phase zu kommen.
Spaß hat mir die Marathonvorbereitung nicht gemacht. Andererseits denke ich, dass nur die glückselige Beschreibung von tollen Läufen ohne Ambitionen bei anderen den Eindruck eines Schwätzers hinterlässt. Dem komme ich damit also zuvor.
Ich werde versuchen, die erste Hälfte mit 4:45 zu laufen. Dann wird ich sehn.

10.09.09

Rückblick August

Laufen: 275 km, in durchschnittlich 314 Sek/km, Rad 509 km. Und mich beim Marathon angemeldet. Es soll mein letzter sein. Ich bin ihn schon 6-mal gelaufen, es reicht. Diesmal, was ich schon gar nicht mag, müssen die Marathonies zweimal die Halbmarathonstrecke laufen. Das ist einfach öde.
Vielleicht werde ich es danach ohne Laufen versuchen. Wär ja auch ein schönes Blogthema: Laufabstinenz. Sicher nicht einfach.

22.08.09

Immer noch in der Krise

Aber immerhin mit der Hoffnung langsam daraus rauszukommen.
Letzten Samstag ein obligatorischer 34 km Lauf. Also auf der flachen Strecke die 14 km-Marke angerannt - Literflasche hinten und abgelegt bei km 10. Dann wieder zurück zu 10, vor bis 13 und wieder zurück zur Flasche. Am Anfang mit der Flasche im Rücken glaube ich, kaum vorwärts zu kommen - ohne geht es besser - aber es ist schwülheiß und es gibt so gut wie keinen Schatten. Es macht keinen Spaß, ich laufe eben weiter, kann sogar noch mein Tempo steigern, komme am Ende auf einen Durchschnitt von 5:20, aber alle Muskeln sind nachher steif und verkrampft. Und ich brauche lange, um mich von der Erstarrung zu lösen. Selten einen solchen mühseligen Lauf gelaufen. Immer wieder habe ich versucht, mich zu lockern und auf mein inneres Gefühl zu konzentrieren. Aber auch das nur sehr mühsam.
Heute dann Intervall-Tempoläufe, 3 mal 4 km. Es ging schon besser. Aber danach – und nach dem Ausgraben von ca. 40 kg Kartoffeln war ich wieder fix und fertig. Entweder ist meine Schwäche derzeit eine Alterserscheinung oder hab eine Krankheit zu überwinden.
Auf meinem Trainingsplan stand heute ein Halbmarathontest. Wohl oder übel musste es sein. Wo käme ich ohne Disziplin hin? Also gerannt. Die ersten 7 km waren noch mühsam, dann machte die Routine das Laufen leichter. Die letzten 100 Meter im Spurt waren die längsten. Aber mit 1:32:46 war ich zufrieden.

In der
SZ lese ich von medizinischen Berichten über die wohltuende Wirkung von Laufen auf Arthritis: die Läufer haben trotz langem Laufen wesentlich weniger Arthritis als die Nichtläufer. Das ergaben Langzeituntersuchungen über 10 und mehr Jahre. Anders als dieser holländische "Knöcher"spezialist Midas Dekkers – die New York Times hält ihn für ein „Genie“ - glaubt, ist der Mensch eben keine Maschine, sondern ein Organismus, der sich an Belastungen anzupassen versucht, der auf seine Umwelt reagiert, wächst und sich verändert.

12.08.09

Blogpause

Das war eine lange Pause. Ich bin zwar pflichtgemäß weitergelaufen, aber das Laufen ist etwas in den Hintergrund getreten.
Im Juli waren es gerade mal 257 km, dafür aber 772 Radkilometer. Längster Lauf war über 34 km vor zwei Wochen. Aber es hat mir dann die nötige Kraft für einen schnellen 10-km-Lauf genommen. Den wollte ich in 42 Minuten laufen, aber unkonzentriert plante ich für 43 Minuten und erreichte nicht einmal die ganz. Beim Lauf war ich zudem müde und schlapp, lief ihn halt herunter, weil´s fürs Training gut sein soll.
Derzeit kämpfe ich gegen Müdigkeit und Schlappheit an. Das Ziel, einen flotten Marathon zu laufen, begeistert mich nicht allzu sehr. Angst und Skepsis überwiegen.
Das neue Projekt kostet mich derzeit mehr Kraft. Dazu das Bild unten.

14.07.09

Eine Runde

Bedingt durch das Berglauftraining bin ich andere Strecken gelaufen und lauf erst jetzt wieder die alten flachen Strecken, die auch ihren Reiz haben.
Da sind noch die Überreste des Unwetters vom 26. Mai. Ich habe es auf der Straße erlebt. Viele Wälder waren längere Zeit unpassierbar.

Dann habe ich das Storchennest entdeckt – wer gute Augen und Fantasie hat, kann den Storch gerade hochfliegen sehen. Auch die Störche hat das Unwetter erwischt. Ihr Gelege wurde zerstört.

Eine Mutterkuhherde ist draußen.
Das Getreide schon reif.
Soayschafe, aus der Steinzeit stammend, und Kamerunschafe, die ich leider nicht vor die Kamera bekommen habe, sind neben der Laufstrecke.





Und dieses Jahr hat es geklappt: Der Spindelbaum/Pfaffenhütchen ist dieses Jahr nicht von den Gespinstmotten befallen worden und trägt zum ersten Mal seit 5 Jahren wieder Früchte.

Derzeit bin ich immer noch in einer Laufkrise. Die richtige Motivation will sich nicht einstellen, ich werde mich mehr auf das Radfahren verlegen.
Im Juni bin ich 301 km gelaufen, 3142 Höhenmeter. Und im Juli werden es wohl noch weniger sein.

06.07.09

LAUFEN IM DORF


Neu in einem Dorf, kennen die Nachbarn nicht. Frage beim Loslaufen: Was denken die Nachbarn? Hier auf dem Lande – sind wir da mit Joggen nicht am falschen Ort? In der Kleinstadt ist das anders: Da gibt es zwar nicht allzu viele, aber doch ein paar Jogger. Wenigstens bewirkt die permanente Gesundheitspropaganda, dass immer wieder welche zu laufen anfangen. Man sieht es ihnen an, sie werden es nicht lange machen. Aber es ist nett, man ist und fühlt sich nicht allein oder ganz so exaltiert. Die wenigen, die von meinem Joggen Notiz nehmen, wissen, dass etwas Anstrengung und Leistung dahinter ist. Nicht unbedingt ein Grund, sich darüber lustig zu machen. Im Gegenteil, mancher denkt wohl, dass das für ihn selbst auch gut wäre – aber die Zeit, die Unlust usw. … halten davon ab.
Aber hier auf dem Lande habe ich doch das Gefühl ein Spinner zu sein. Hier, wo die Leute sich zur Blasmusik, zu Feuerwehrübungen, zum harten Fußball treffen, wo sie das Schwergewichtige lieben, die großen Traktoren, auf denen Menschen sitzen, die Schweine verschlingen, deren Zucht die Luft verpestet- hier also da tanzt man als leichtgewichtiger Jogger - kilomäßig ganz und gar nicht „Mann“ oder „Frau“ - schon arg aus der Reihe. In kurzen Hosen durch eine vielleicht idyllische Gegend rennen – wären da nicht Güllegestank und Landmaschinen – die für die dort arbeitenden Bauern nur Ort von Plackerei und Arbeit ist, ist das nicht unpassend, ein Missverhältnis?
Hier, wo so wenige Menschen sind und einer, der vielleicht 1000 Meter weiter weg wohnt, einem immer noch näher ist, wie in der Stadt der nächste Nachbar, wie soll man mit der Missgunst oder Ungunst der Mitmenschen leben? Sicher, die Leute gewöhnen sich an alles, vielleicht auch an uns. Vielleicht sollte man die Integrationskraft der Vernunft nicht unterschätzen. Vielleicht brauchen die Leute auf dem Lande auch etwas zur Unterhaltung, „mal was anderes“, etwas jenseits ihrer Uniformen, die sie so lieben, im Reservisten-, Fischer-, Musik- und Feuerwehrverein.
Vielleicht braucht die niedergehende Landwirtschaft etwas jenseits der Religion vom großen Fressen, Wiederkäuen und Trinken, etwas jenseits von immer industriemäßiger verfolgtem Wachstum. Was sich auf dem Lande abspielt, ist ja beängstigend: Wie die Landschaft mit Monokulturen verödet wird, wie mit Giften Flora und Fauna ruiniert werden, wie mit Dünger und Energieeinsatz Ressourcen zerstört werden. Das Schlimmste ist der Geist, der darin kein Problem sieht und nicht nach Alternativen sucht.
Kann der Jogger eine Alternative anbieten? Kommt er nicht daher, wo die Menschen durch beamtenmäßige Arbeit – also den ganzen Tag auf dem Arsch hocken – Zeit und Laune haben, sinnlos durch die Gegend zu rennen? Hält die Gesundheitssensibilität nicht von kräftiger Arbeit und Zupacken ab? Wenn einer joggt, zeigt das nicht, dass er nicht genügend gearbeitet hat? Und wenn er schon das Spielerische liebt, warum nicht mit anderen zusammen? Karten spielen, Kegeln, Musikkapelle. Uns von der Stadt kommt es so vor, dass auf dem Land als vernünftig nur der Gemeinschaftsdrang gilt, dieses Sichabsondern des Joggers als unvernünftig und „spinnert“. Für solche Narreteien gibt es doch die Fasnet. „Alles hat seine Zeit.“
Die Geschichte des Landes zeigt allerdings, dass nicht alles so hoffnungslos ist. Da gab es immer Menschen, die anders waren: die künstlerisch begabten, die Auswanderer, die Bücherleser, die Biobauern, die vielen Andersartigen.
Oder: wir schließen uns einem Verein an und laufen mit dessen Insignien. Und schon sind wir was. ?