20.09.09

MARATHON, ZUM LETZTEN

Ich bin also meinen zehnten und vorläufig letzten Marathon gelaufen. Diesmal 3:36, so schlecht wie noch nie. Bei der Hälfte noch 1:40:30. Aber dann fiel es mir schwer, das Tempo zu halten. Die Kilometerzeiten bewegten sich auf 5:05, 5:23. Bald war mir klar, dass es nur noch ums Ankommen gehen würde. Also versuchte ich locker zu laufen, aber konzentriert, Halsmuskulatur ab und zu zu lockern, auf den Weg zu achten, dass ich nicht wieder stürze. Bei km 28 war klar, dass ich es nicht mehr unter 3:30 schaffe. - Traurig, aber was sollte ich machen? Wenn ich die Steigungen und schwierigen Stellen langsamer machte, nicht überpacete, könnte ich es schaffen, unter 6:00 je Kilometer zu bleiben. Aber ich lief schon an der Grenze. Luft im Magen, die nach oben wollte, führte immer wieder zu Brechreiz, bis sie endlich aufgestoßen war. Andererseits war ich durstig, die Temperatur war über 23°. Auf den letzten 200 Meter dann noch Krämpfe im Oberschenkel, ich musste anhalten, beugen usw.
Warum so schlecht? Schon Wochen vorher hatte ich Probleme; keine Lust zu laufen, keine Fantasie, nur das Ziel, zum letzten Mal den Marathon laufen und die schlechte Erfahrung vom letzten Jahr wiedergutmachen. Schlecht gelaunt an diesem Tag. Mein Alter. Und dergleichen Gründe mehr. Aber den entscheidenden Grund habe ich nicht gefunden. Ich habe versucht, irgendwelche Beziehungen zwischen Vorbereitung und Laufzeit zu finden, aber war nicht sehr erfolgreich. Hier
kann man die Tabelle studieren.


Wie ich vorhatte, werde ich jetzt also Laufen - vielleicht vorläufig - beenden, auch diesen Laufblog. Ich habe mit meinen Überlegungen über Sinn und Motive des Laufens keine Resonanz gefunden. Es ist so wie beim jetzigem Wahlkampf: obwohl dringende Themen anstehen – Demokratiedefizit, ökologische Grenzen, ökonomische Labilität – wird das nicht diskutiert. Stattdessen schauen die Leute Raab und Jauch, zeigen ihre Bewusstlosigkeit und ihren Blödsinn. Es scheint so zu sein, dass Laufen zu einer gewählten Gewohnheit wird, über deren Sinn und Unsinn dann nicht mehr reflektiert werden darf. So wie gesellschaftlich politisch alles so weitergehen soll wie immer. Obwohl offenbar ist, dass es so nicht mehr weitergehen kann und darf.

19.09.09

VOR DEM MARATHON

Ein Marathon ist immer ein Risiko. Die Frage stellt sich: kann ich durchhalten? Komme ich überhaupt an? Wie schnell werde ich sein? Ist meine Vorgabe gut gewählt? Werde ich mich taktisch richtig verhalten und nicht in der ersten Hälfte zu schnell sein?
Dann kommt der Lauf. Die ersten 25 km ziehen sich lange hin. Ich weiß, erst danach wird es interessant, bekomme ich ein Gefühl dafür, wie es laufen wird, ob die Krise kommt. Nach 28 wird es ernst. Manchmal komme ich damit zurecht, manchmal wird es sehr hart.
Deswegen möchte ich vorher nicht viel sagen. Besser, vorher über seine fehlende Form, mangelndes Training, Schmerzen da und dort jammern – diesmal ist es die linke Ferse. Besser auch, keine Zeit verraten, die ich laufen will. Es könnte ja schief gehen und nachher stehe ich blamiert da. Viele setzen ihr Ziel soweit nach hinten, dass sie auch noch im Gehen ankommen können. Aber etwas Risiko sollte schon sein.
der Vorbereitung habe ich dieses Jahr versucht, mich an die Trainingspläne zu halten, nicht schneller zu werden. Wie jedes Mal ist es mir nicht gelungen. Immerhin habe ich einige Läufe ausfallen lassen, weil ich durch das Radfahren erschöpft war. In meinem Alter kann es mit den üblichen Trainingsplänen leicht zu Übertraining kommen. Ich hoffe, das vermieden zu haben.
So richtig konzentriert auf diesen Marathon bin ich nicht. Nach den Erfahrungen vom letzten Jahr habe ich etwas Angst, es könnte wieder so laufen. Also werde ich dieses Jahr versuchen, in der ersten Hälfte, das Tempo zu bremsen. Zwar weiß ich wie immer, dass es unklug ist, volles Tempo zu laufen, aber mir fällt es dann schwer, das Tempo zu drosseln. Vor allem bei den ersten 25 km treibt es mich, endlich in die schwierige Phase zu kommen.
Spaß hat mir die Marathonvorbereitung nicht gemacht. Andererseits denke ich, dass nur die glückselige Beschreibung von tollen Läufen ohne Ambitionen bei anderen den Eindruck eines Schwätzers hinterlässt. Dem komme ich damit also zuvor.
Ich werde versuchen, die erste Hälfte mit 4:45 zu laufen. Dann wird ich sehn.

10.09.09

Rückblick August

Laufen: 275 km, in durchschnittlich 314 Sek/km, Rad 509 km. Und mich beim Marathon angemeldet. Es soll mein letzter sein. Ich bin ihn schon 6-mal gelaufen, es reicht. Diesmal, was ich schon gar nicht mag, müssen die Marathonies zweimal die Halbmarathonstrecke laufen. Das ist einfach öde.
Vielleicht werde ich es danach ohne Laufen versuchen. Wär ja auch ein schönes Blogthema: Laufabstinenz. Sicher nicht einfach.

22.08.09

Immer noch in der Krise

Aber immerhin mit der Hoffnung langsam daraus rauszukommen.
Letzten Samstag ein obligatorischer 34 km Lauf. Also auf der flachen Strecke die 14 km-Marke angerannt - Literflasche hinten und abgelegt bei km 10. Dann wieder zurück zu 10, vor bis 13 und wieder zurück zur Flasche. Am Anfang mit der Flasche im Rücken glaube ich, kaum vorwärts zu kommen - ohne geht es besser - aber es ist schwülheiß und es gibt so gut wie keinen Schatten. Es macht keinen Spaß, ich laufe eben weiter, kann sogar noch mein Tempo steigern, komme am Ende auf einen Durchschnitt von 5:20, aber alle Muskeln sind nachher steif und verkrampft. Und ich brauche lange, um mich von der Erstarrung zu lösen. Selten einen solchen mühseligen Lauf gelaufen. Immer wieder habe ich versucht, mich zu lockern und auf mein inneres Gefühl zu konzentrieren. Aber auch das nur sehr mühsam.
Heute dann Intervall-Tempoläufe, 3 mal 4 km. Es ging schon besser. Aber danach – und nach dem Ausgraben von ca. 40 kg Kartoffeln war ich wieder fix und fertig. Entweder ist meine Schwäche derzeit eine Alterserscheinung oder hab eine Krankheit zu überwinden.
Auf meinem Trainingsplan stand heute ein Halbmarathontest. Wohl oder übel musste es sein. Wo käme ich ohne Disziplin hin? Also gerannt. Die ersten 7 km waren noch mühsam, dann machte die Routine das Laufen leichter. Die letzten 100 Meter im Spurt waren die längsten. Aber mit 1:32:46 war ich zufrieden.

In der
SZ lese ich von medizinischen Berichten über die wohltuende Wirkung von Laufen auf Arthritis: die Läufer haben trotz langem Laufen wesentlich weniger Arthritis als die Nichtläufer. Das ergaben Langzeituntersuchungen über 10 und mehr Jahre. Anders als dieser holländische "Knöcher"spezialist Midas Dekkers – die New York Times hält ihn für ein „Genie“ - glaubt, ist der Mensch eben keine Maschine, sondern ein Organismus, der sich an Belastungen anzupassen versucht, der auf seine Umwelt reagiert, wächst und sich verändert.

12.08.09

Blogpause

Das war eine lange Pause. Ich bin zwar pflichtgemäß weitergelaufen, aber das Laufen ist etwas in den Hintergrund getreten.
Im Juli waren es gerade mal 257 km, dafür aber 772 Radkilometer. Längster Lauf war über 34 km vor zwei Wochen. Aber es hat mir dann die nötige Kraft für einen schnellen 10-km-Lauf genommen. Den wollte ich in 42 Minuten laufen, aber unkonzentriert plante ich für 43 Minuten und erreichte nicht einmal die ganz. Beim Lauf war ich zudem müde und schlapp, lief ihn halt herunter, weil´s fürs Training gut sein soll.
Derzeit kämpfe ich gegen Müdigkeit und Schlappheit an. Das Ziel, einen flotten Marathon zu laufen, begeistert mich nicht allzu sehr. Angst und Skepsis überwiegen.
Das neue Projekt kostet mich derzeit mehr Kraft. Dazu das Bild unten.

14.07.09

Eine Runde

Bedingt durch das Berglauftraining bin ich andere Strecken gelaufen und lauf erst jetzt wieder die alten flachen Strecken, die auch ihren Reiz haben.
Da sind noch die Überreste des Unwetters vom 26. Mai. Ich habe es auf der Straße erlebt. Viele Wälder waren längere Zeit unpassierbar.

Dann habe ich das Storchennest entdeckt – wer gute Augen und Fantasie hat, kann den Storch gerade hochfliegen sehen. Auch die Störche hat das Unwetter erwischt. Ihr Gelege wurde zerstört.

Eine Mutterkuhherde ist draußen.
Das Getreide schon reif.
Soayschafe, aus der Steinzeit stammend, und Kamerunschafe, die ich leider nicht vor die Kamera bekommen habe, sind neben der Laufstrecke.





Und dieses Jahr hat es geklappt: Der Spindelbaum/Pfaffenhütchen ist dieses Jahr nicht von den Gespinstmotten befallen worden und trägt zum ersten Mal seit 5 Jahren wieder Früchte.

Derzeit bin ich immer noch in einer Laufkrise. Die richtige Motivation will sich nicht einstellen, ich werde mich mehr auf das Radfahren verlegen.
Im Juni bin ich 301 km gelaufen, 3142 Höhenmeter. Und im Juli werden es wohl noch weniger sein.

06.07.09

LAUFEN IM DORF


Neu in einem Dorf, kennen die Nachbarn nicht. Frage beim Loslaufen: Was denken die Nachbarn? Hier auf dem Lande – sind wir da mit Joggen nicht am falschen Ort? In der Kleinstadt ist das anders: Da gibt es zwar nicht allzu viele, aber doch ein paar Jogger. Wenigstens bewirkt die permanente Gesundheitspropaganda, dass immer wieder welche zu laufen anfangen. Man sieht es ihnen an, sie werden es nicht lange machen. Aber es ist nett, man ist und fühlt sich nicht allein oder ganz so exaltiert. Die wenigen, die von meinem Joggen Notiz nehmen, wissen, dass etwas Anstrengung und Leistung dahinter ist. Nicht unbedingt ein Grund, sich darüber lustig zu machen. Im Gegenteil, mancher denkt wohl, dass das für ihn selbst auch gut wäre – aber die Zeit, die Unlust usw. … halten davon ab.
Aber hier auf dem Lande habe ich doch das Gefühl ein Spinner zu sein. Hier, wo die Leute sich zur Blasmusik, zu Feuerwehrübungen, zum harten Fußball treffen, wo sie das Schwergewichtige lieben, die großen Traktoren, auf denen Menschen sitzen, die Schweine verschlingen, deren Zucht die Luft verpestet- hier also da tanzt man als leichtgewichtiger Jogger - kilomäßig ganz und gar nicht „Mann“ oder „Frau“ - schon arg aus der Reihe. In kurzen Hosen durch eine vielleicht idyllische Gegend rennen – wären da nicht Güllegestank und Landmaschinen – die für die dort arbeitenden Bauern nur Ort von Plackerei und Arbeit ist, ist das nicht unpassend, ein Missverhältnis?
Hier, wo so wenige Menschen sind und einer, der vielleicht 1000 Meter weiter weg wohnt, einem immer noch näher ist, wie in der Stadt der nächste Nachbar, wie soll man mit der Missgunst oder Ungunst der Mitmenschen leben? Sicher, die Leute gewöhnen sich an alles, vielleicht auch an uns. Vielleicht sollte man die Integrationskraft der Vernunft nicht unterschätzen. Vielleicht brauchen die Leute auf dem Lande auch etwas zur Unterhaltung, „mal was anderes“, etwas jenseits ihrer Uniformen, die sie so lieben, im Reservisten-, Fischer-, Musik- und Feuerwehrverein.
Vielleicht braucht die niedergehende Landwirtschaft etwas jenseits der Religion vom großen Fressen, Wiederkäuen und Trinken, etwas jenseits von immer industriemäßiger verfolgtem Wachstum. Was sich auf dem Lande abspielt, ist ja beängstigend: Wie die Landschaft mit Monokulturen verödet wird, wie mit Giften Flora und Fauna ruiniert werden, wie mit Dünger und Energieeinsatz Ressourcen zerstört werden. Das Schlimmste ist der Geist, der darin kein Problem sieht und nicht nach Alternativen sucht.
Kann der Jogger eine Alternative anbieten? Kommt er nicht daher, wo die Menschen durch beamtenmäßige Arbeit – also den ganzen Tag auf dem Arsch hocken – Zeit und Laune haben, sinnlos durch die Gegend zu rennen? Hält die Gesundheitssensibilität nicht von kräftiger Arbeit und Zupacken ab? Wenn einer joggt, zeigt das nicht, dass er nicht genügend gearbeitet hat? Und wenn er schon das Spielerische liebt, warum nicht mit anderen zusammen? Karten spielen, Kegeln, Musikkapelle. Uns von der Stadt kommt es so vor, dass auf dem Land als vernünftig nur der Gemeinschaftsdrang gilt, dieses Sichabsondern des Joggers als unvernünftig und „spinnert“. Für solche Narreteien gibt es doch die Fasnet. „Alles hat seine Zeit.“
Die Geschichte des Landes zeigt allerdings, dass nicht alles so hoffnungslos ist. Da gab es immer Menschen, die anders waren: die künstlerisch begabten, die Auswanderer, die Bücherleser, die Biobauern, die vielen Andersartigen.
Oder: wir schließen uns einem Verein an und laufen mit dessen Insignien. Und schon sind wir was. ?

28.06.09

Abgesagt

Mein Ziel seit einem halben Jahr war eigentlich einen privaten Ultra zu machen, 83 km mit viel, viel … Auf und Ab. Die Vorbereitung lief ja auch planmäßig. Der letzte 65km Marathon war als Trainingslauf gedacht. Dann aber ging es durcheinander: Reise, andere Projekte und Aufgaben und ich konnte mich nicht wieder konzentrieren. Ich fand Gründe, mich zu „schonen“ und hatte weniger Bedürfnisse mich herauszufordern. Inzwischen ist es eine kleine Laufkrise geworden. Ich komme nicht über 82 km die Woche. Hoher Ruhepuls, leichte Kopfschmerzen, leerer Kopf, Entzündungen nach kleinen Läufen – nichts stimmt. Das Wetter gibt seinen Teil dazu. Eigentlich wollte ich am 24. los – aber auf den Webcams sehe ich – erleichtert – Schnee, Matsch und Dreck. Ich weiß nicht, ob ich dieses Projekt jemals laufen kann.
Beim Grand Raid de Mercantour sind vorletztes Wochenende am 20./21 Juni 3 Menschen ums Leben gekommen, wohl erfroren. Der Lauf in den Seealpen ging über 80 km und 6000 Höhenmeter.

24.06.09

LAUFEN UND ERKENNTNIS

In meinem letzten Blog habe ich etwas über den „Wissenschaftler“ Dekkers geschrieben: Körper nur die Verpackung für den Geist … etc.
Wie der Szientismus allgemein und die meisten Menschen glaubt Dekkers, es gäbe so etwas wie eine objektive Welt und damit zusammenhängend ein objektives Wissen darüber. Nur dieses Wissen hat Bestand und Gültigkeit. Dieses Wissen zu erlangen, ist allererste Aufgabe.
Ganz anders die Auffassung, dass sich unsere Erkenntnis aus unserem Handeln ergibt und daran gebunden ist. Wir sind also nicht nur Geist, sondern auch Auge, Ohr etc. Und nicht nur Sinne sondern auch Hände und Füße. Und sind nicht nur geistiges Interesse, das schlussfolgert, Theorien zusammenbaut, sondern Leib und Seele, die unserem Körper, Händen und Füßen eine Richtung geben. Daraus bilden sich dann Wissen und Erfahrung, ein Selbstzustand und so weiter.

Menschliche Welterfahrung hängt zwar viel mit dem Gebrauch der Hände (damit verbunden: das Sprechen) zusammen, aber auch die Füße sind so unwichtig nicht. Man sagt, am Anfang der Menschwerdung sei der aufrechte Gang. Wie auch immer - die Füße übernehmen die Aufgabe der „Vorderfüße“, also der Hände und lassen denen Raum sich weiterzuentwickeln. Vielleicht steckt auch etwas von der Intelligenz der Hände in den Füßen – etwas von deren Sensibilität – aber natürlich sind die Hände mit ihren Fingern um vieles geschickter als unsere Zehen.
Schließlich verändert der aufrechte Gang unserer Sinne. An die Stelle der Nase und der Ohren tritt das Auge als dominantes Organ. Will man etwas als wahr beweisen ist der visuelle Beweis heute der entscheidende. Nicht nur der ungläubige Thomas, auch wir sind vom Fernseher, von Bildern fasziniert, und auch die Wissenschaft will mit ihren Grafiken und bildgebenden Verfahren überzeugen.
Noch mehr: der Horizont unserer Erfahrung hängt von der Art unserer Bewegungen ab. Der arme Hawkins, dem nur noch das Denken über die kosmische Ordnung übrigbleibt, ist ein Grenzfall, mit dem wir nicht tauschen möchten, auch wenn das Nachdenken über Strings und Quarks über uns Nobelpreise regnen ließe.
Die Welt eines Fußgängers unterscheidet sich grundlegend von der eines Autofahrers oder Laboranten.

Beim Läufer kommt doch noch ein anderes Element hinzu. Es ist die Dominanz der eigenen Bewegtheit über die Erfahrung. Der eine eilt, der andere geht durch die Welt. In der Bewegung des Läufers ist ein Moment von Flucht, flüchtigem Denken, von Konkurrenz des Schnelleren gegenüber dem Langsameren enthalten – vielleicht kann man es „Auseinandersetzung“ nennen.
Die Füße sind die Antipoden des Kopfes. Auf der einen Seite sind sie Organe des Kopfes, Hilfsgestell für die Augen, aber dann können sie sich auch selbstständig machen, sei es dass sie „unruhig“ werden, also das unruhige „Gemüt“ ausdrücken, sei es, dass sie den Dienst verweigern, müde werden usw.

Summa summarum: Unsere Welt ist eine konstruierte, von uns mit Körper und Werkzeugen geschaffen in Auseinandersetzung mit der Natur.

15.06.09

„GESUNDHEITSWAHN“

Ich habe zufälligerweise – denn den Mann kenne ich nicht – einen Podcast über einen schriftstellernden Biologen gehört. In einem Interview outet er sich als Antisportler. Interessant, was da an Ressentiments aufgewaschen wird. Der Biologe Midas Dekkers, angeblich Autor vieler populärer Werke, schreibt über den „Gesundheitswahn“. In einem Interview erklärt er, 50% aller Niederländer würden Sport treiben, Joggen usw. – Bei meinem letzten Langlauf bin ich keinem Einzigen dieser 50% begegnet. „Ja, wo laufen sie denn??!!“ möchte man da in Erinnerung an Loriots Sketch fragen.
Also wissenschaftliche Erfahrung ist von ihm nicht zu erwarten. Er bewegt sich auf dem Niveau einer Meldung von jüngst, ein Drittel der Deutschen wären Sportmuffel. Die anderen gucken wohl alle Bundesliga oder Tennis.
Sicher hat er Recht, wenn er gegen diese Formal „mens sana in corpore sano“ anschreibt. Ursprünglich ironisch-satirisch gemeint, wurde der Satz zum Folterinstrument von Sportlehrern und Militaristen. Ein kleiner
Artikel in Wikipedia hätte gereicht das klarzustellen. - „Mens“ mit Geist gleichzusetzen ist ohnehin sehr verkürzt. Sollte der Satz einen positiven Sinn ergeben, wäre damit eher: Gemüt, Lebenseinstellung, Haltung gemeint; also eine Haltung, mit der man auf die Dinge zugeht, sie konkret betrachtet, Widerständen nicht aus dem Wege geht, sich bewegt, statt andere für sich arbeiten lassen.
Dekkers geht ein interessantes Problem an, das von Körper und Geist. Der Geist, so Dekkers, will sich zum Tyrannen des Körpers machen. Der Körper ist faul, der Geist will aktiv sein. Das ist schon eine merkwürdige Vorstellung. Er widerruft sie auch wieder sofort, wenn er davon spricht, wie ihn es nach Stunden Schreibarbeit juckt, spazieren zu gehen - wenn auch nur mit einer Speed von 5 km/h. Aber Argumente sind ihm wichtiger als ihr letztendlicher Wahrheitswert.
Mit dem Körper kann er aber sonst nicht viel anfangen, der trinkt eben gerne und ist sexfixiert. „Das Gehirn ist der Inhalt, der Rest nur Verpackung.“ Der Geist materialisiert sich im Gehirn, nicht in den Körperteilen. Hawkins ist/ war auch im Rollstuhl intelligent. Und eine Dame, die ein Buch im Park liest, hat mehr vom Leben als der Jogger, der darin seine stupiden Runden dreht. Überhaupt Sport und Arbeit verkürzt das Leben, während Bildung das Leben verlängert und – nicht unwichtig – das Einkommen verbessert.
Und dann: Der Sinn des Lebens ist, das Wissen für die nächsten Generationen zu erhöhen. Wer einen Weltrekord läuft, macht es der nachfolgenden Generation nur schwerer, besser zu werden. Damit ist außer Krankheiten, die man sich beim Sport einholt, nichts gewonnen. Aber ist es der Sinn des Lebens, das Wissen zu vermehren? Ist Wissen der richtige Zugang zur Welt? Man hört hier Comte und seine positive Religion heraus.
Sport und Religion: Die Leute haben Schuldgefühle, deswegen quälen sie sich. Er lobt seine katholische Erziehung, die ihm ein „gemütliches“ Verhältnis zum Körper und Ritualien geschenkt hat, mit der er als Kind seine Schuldgefühle loswerden konnte.
Überhaupt macht Sport krank. „Die Hälfte der Sportler macht sich einmal im Jahr kaputt“. Würde man den Satz jetzt mathematisch durchrechnen, wäre das Heer der Sportler von 50% nach 4 Jahren bei 3,125%. Vielleicht eine realistischere Zahl.
Der Körper besteht aus Muskeln, Sehnen und „Knöcher“. Nur die Muskeln ließen sich verbessern, die anderen würden durch Sport nur verschlissen. Auch hier sieht man wieder: Wissenschaft interessiert ihn nicht; was zählt, ist das billige Argument.
Sport ist kindisch: in bunten Klamotten herumlaufen, kurzen Hosen, hüpfen und springen – dem kann Dekkers nichts abgewinnen. Er war, wie er sagt, „immer vernünftig“. Als Kind hat er sich nach der Schule einen weißen Mantel angelegt und Professor gespielt. Er wollte immer nur erwachsen spielen und das ist ihm wohl mit seinem neuen Buch wieder
gelungen.
Schade, schon wieder ist kein gutes Buch geschrieben worden.

07.06.09

REGENLAUF

Es hat also geregnet, kräftig geregnet und ich wollte doch etwas laufen. Die Muskeln entspannen nach den 114 km Rad von gestern. Meine Frau winkt ab und geht in den Keller auf das Laufband, schwitzt und dürstet dort. Ich will so schnell nicht aufgeben, warte einen Schauer ab, es wird heller – aber es regnet. Da muss ich eben durch.
Aller Anfang ist schwer. Die Schuhe bleiben erstmal trocken. Aber es regnet weiter. Landschaft sehe ich nicht viel, relaxed kann ich auch nicht laufen. Gedanken dahin und dorthin. Ich werde schneller, der Regen bleibt. Sehen kann ich nicht mehr viel. Regen ist ja so schön. Langsam werden die Schuhe nass und immer wieder Steinchen drin. Auf die Uhr will ich nicht mehr schauen, sonst wird sie nass und blockiert. Hundebesitzer treffe ich, keinen Jogger. Der Himmel hängt mir am Kopf. Ach, Regen ist so schön. Ich trotte irgendwie vorwärts. Es will wieder mal nicht enden. Inzwischen bin ich von oben bis unten nass. Regen ist so schön. Ein paar konzentrierte Schritte im meditativen Laufen, aber dann wieder ablenkende Gedanken. Es ist, als würden meine Gedanken über mir selbst hängen, nicht verbunden mit meinem Selbst. Regen, Regen, so wunderbar. Ich schlepp mich nach Hause. Waschen, Essen – noch mit Appetit, dann Kopfschmerzen. Hinliegen vor Müdigkeit. Draußen regnet es weiter. Und weiter Kopfschmerz. Mir ist auch schlecht. Ich liege nur noch flach. Regen ist so wunderbar.
Eine lange Nacht. Und dann ein Lauf heute – ohne Regen. Ich mache einen Lust-und-Laune-Lauf, ohne Ziel. Laufe eine Strecke gegen die übliche Richtung. Es geht fast 500 Meter hoch und lohnt sich: eine grandiose Aussicht, die Alpen von West bis Ost, fast kann man den See sehen, mit vielen weißen Wolken, die dem Bild Leben und Bewegung geben.

03.06.09

Mai

Im Mai bin ich 279 km gelaufen, 6375 Höhenmeter – weniger Kilometer wegen Wettbewerb, Tapering, Erholungsphase, über 4 Tage Bahnfahrt.
Ob ich mein nächstes Projekt, einen Extremberglauf, angehe, weiß ich noch nicht. Mein Körper will nicht so richtig und der Geist ist mit einem anderen Projekt beschäftigt.
Der
K78 wäre ein möglicher Kompromiss, schon wegen seiner guten logistischen Struktur, aber am 25.7. gibt es andere Termine, etwa ein Fest des Gartenvereins, bei dem ich Pflichtarbeitsstunden ableisten muss.

21.05.09

ES GEHT WIEDER LOS!

Weil ich immer noch - wenn auch viel weniger als vorher - noch einen Extremberglauf im Kopf habe, lasse ich das Training wieder anlaufen. Also gleich mal die Montes hoch, mit quälendem Auf und Ab. Etwas über 28 km und fast 1000 Höhenmeter. - Lief nicht so gut.
Zum Ausgleich an der Strandpromenade gelaufen, so 10 km und das hat keinen Spaß gemacht: Verkehr, ne Menge Leute, Krach, Baustellen, Müllplätze, Gestank. Die letzten Jahre muss ich wohl sehr mutig gewesen sein oder es wird jedes Jahr schlimmer.
Dann wollte ich bevor die 2 Tage- und Nächtereise losgeht, ich noch etwas Kilometer fressen. Erholen kann ich mich dann ja im Sitzen.
In mein Büchlein, wo ich meine Bewegungen eintrage, habe ich nicht reingeschaut. Da stand die Wanderung von 2006, die ich heute nachlaufen wollte, mit 45 km und 9 Stunden drin, Steigung rund 1000. Ich lief also naiv los, mit der Absicht, endlich mal wieder ungestörte Natur genießen zu können. Zuerst 5 km durch die Stadt, die Menschen eilten zur Arbeit. Dann noch einmal 3 bis endlich der Naturpark anfängt. Endlich. Und dann geht es auch schon hoch. Und ewig zieht sich die Strecke, Temperatur auf 25°. Mein Ziel, bei der Fuente de la Reina, das Isopulver mit Wasser zu mixen, trinken und dann vielleicht noch höher. Aber nach 23,5 Km gibt es bei Humaina einen Grillplatz mit Wasserhahn. Ich kann nicht mehr. Es hat keinen Sinn, ich bin heute gar nicht gut drauf, der letzte „Marathon“ hat mir wohl alle Reserven weggefressen.
Nach dem Trinken kehre ich um. Die wunderbare Landschaft macht mir keinen Spaß mehr. Das Geschrei der Buchfinken geht mir auf die Nerven. Mir wird langsam schlecht. Der Weg zieht sich hin und hin - endlos.
Schließlich entschließe ich mich, noch die 3 km bis zum Parkanfang zu laufen und den Rest zu gehen.
Fix und fertig finde ich noch einmal eine Wasserquelle, trinke mich voll und laufe noch einmal 2 km. Aber dann ist Schluss, mir ist hundeübel. Und den Rest gehe ich.
Wie ich dann nachher bei Google Earth nachmesse, bin ich in den 4 Stunden über 41 km gelaufen - verständlich, dass ich kaputt war.

14.05.09

INTERVIEW


Ich stelle meiner Frau ein paar Fragen zu ihrem Lauf:

Wie hast Du Deinen Lauf empfunden?
Leichter als erwartet. Nach meiner Anmeldung am 1. April für diesen Ultra bekam ich Angst davor, worauf ich mich jetzt eingelassen habe. Bei den Vorbereitungsläufen geriet ich immer wieder in Krisen und Zweifel, einen so langes und schweres Rennen bewältigen zu könne.
Dass ich bei diesem schwierigen Berglauf so gut durchhalten konnte, habe ich nicht erwartet.

Wie war die Läuferszene in Spanien im Unterschied zu Deutschland?
Es gab viele Gruppen und Vereine, die zusammen gelaufen sind. Die Starken haben sich den Schwachen angepasst. Sie sind zum Spaß gelaufen, nicht um zu gewinnen. Sie sind oft spezialisiert auf Bergläufe und gemeinsame Ausflüge mit anschließendem Essen und Trinken. Die Gruppen haben aber oft den Weg blockiert. Auf den engen Wegen war es schwer, an ihnen vorbeizukommen.
Es laufen sehr unterschiedliche Typen: Dickliche, Kräftige, Zähe, Normale und Dünne. Wanderer, Geher, Walker, viele sind mit Bergstöcken unterwegs. Viele auch mit Rucksack oder Hüftgürtel. An den Pausenstationen sind sie schnell vorbei gerannt, nur um nachher beim Trinken aus dem Rucksack wieder stehen zu bleiben.
Ich musste mich bergab von einigen überholen lassen, die ich bergauf wieder überholt habe. Ich bin gelaufen wo es möglich war. Bergauf konnte ich aber auch schnell gehen.

Wie sind die Frauen gelaufen?
Ich weiß jetzt nicht, wie es da in Deutschland aussieht. Hier waren es vor allem schlanke zähe Frauen, denen ihr Outfit wichtig ist. Aber nicht einmal 10% waren Frauen. Gewonnen hat in meiner Klasse eine zähe Frau, der man Trainiertheit und Entschlossenheit ansieht.

Wie war es für Dich, dass wir getrennt gelaufen sind?
Es war besser. Einmal weil ich mich doch hätte etwas Deinem Tempo anpassen müssen. - Dadurch dass ich in meinem Tempo und auf mich konzentriert gelaufen bin, konnte ich problemlos länger durchhalten. Wäre ich mit Dir gelaufen, hätte ich das Gefühl bekommen, dass Du für mich langsamer läufst, für mich Sachen machst und ich wäre in eine unangenehme Schuldposition geraten. So konnte ich unbelasteter laufen.
Es waren aber noch viele Männer um mich, die mir dann, wenn ich sie am Berg überholte, den Tipp gaben, nicht so schnell zu laufen, es wären noch viele schwere Kilometer.
Es sind einige Paare zusammengelaufen. Meistens sahen die Frauen weniger angestrengt aus und hatten weniger Schwierigkeiten mit der Länge. Insgesamt schienen sie mir lockerer zu sein.

Hat sich der Lauf gelohnt?
Ja, auf jeden Fall hat es sich gelohnt „La prueba reina del senderismo español“, den spanischen Königslauf, gelaufen zu haben! Schon wegen des Pokals. Selbst der spanische Berglaufmeister ist hier nur Zweiter geworden.
Dann auch wegen der guten Zeit, das Durchhalten ohne körperliche Probleme, den 2. Platz meiner Altersklasse, die Trophäe, die gute Verpflegung während des Laufens usw.


Was ist besser: Wandern oder Laufen?
Man kann es nicht vergleichen. Beim Laufen nimmt man wenig von der Landschaft wahr. Die Strecke zerfällt in steinige und gute Wege, auf und ab. Schon was neben dem Weg ist, wird nebensächlich; die Landschaft, die Vegetation. Man nimmt beim Wandern die Landschaft viel intensiver wahr.
Dagegen ist es schön, leicht und ohne Gepäck, durch die Landschaft zu eilen, gemeinsam mit vielen anderen, unterwegs so gut versorgt zu werden, seine Kraft ausleben zu können, sich mit anderen zu messen, eine solche Strecke, zu der wir beim Wandern zwei Tage gebraucht haben, in nicht einmal 10 Stunden zu durchlaufen.
Aber ohne die Wanderung hätten wir die Landschaft nicht schätzen gelernt.

11.05.09

EIN LANGER TAG

Höhepunkt unserer Landschaftsläufe war dieser Marathon über 65 km und 2700 Höhenmeter in Spanien. Trainiert haben wir dafür im 14-Tage-Abstand mit 45 km (1000 Höhenmeter), 56 km (+250m) und 59 (+1200m).
Die Anreise war nicht stressfrei: Gepäck je ca. 16 kg, insgesamt mit Wartezeiten 24 Stunden im Zug, eine unruhige Nacht durch Frankreich. In Unsicherheit, ob wir mit unserem Ticketnachweis durchkommen, da es mit deutscher Kreditkarte nicht möglich war, die im Internet gekauften Fahrkarten aus dem Automaten zu holen. Dank Sprach- und Verhandlungsgeschick meiner Partnerin schafften wir es ungeschoren bis Port Bou zu kommen. Dabei wussten wir nicht einmal, welche Sitze in welchem Waggon wir gebucht hatten.
Angekommen am Ziel wollten wir unser Gepäck im Schließfach deponieren – Pech gehabt, gab es keine. Also mit 4 Rucksäcken durch die Stadt, um die Chips usw. abzuholen, Schlafplatz suchen – 8 km schleppen.
Dann eine kurze Nacht, um 4:20 Aufstehen, ich fast ohne Schlaf; die Aufregung hatte mich in der Nacht doch noch gepackt.
Jetzt wieder Gepäck zum Start schleppen, dort abgeben, damit es zum Ziel gefahren werden konnte. Start um 6:01 bei Dunkelheit. Bei ca. 14 Grad, sollte später wohl nicht über 23° steigen, der Himmel bedeckt bis sonnig.
1363 Läufer rennen los. Die Cleveren darunter mit full speed, die Gelassenen trotten, um dann nach 3 Kilometer beim ersten Berganstieg in eine Warteschlange zu geraten. Eine halbe Stunde Stehen wie vor der Einkaufskasse. Endlich oben angelangt überhole ich sauer die Rucksackträger, Walker, die ich verantwortlich für den Stau halte.
Jetzt geht es bergab, bergauf. Aufwärts meist auf Bergwegen im Singletrail, in der Regel nur gehbar, da Steigungen bis zu 24%.
Die erste Verpflegungsstation nach 12 km. Ich staune, was es alles gibt: Wasser, Iso, Waffeln, Nüsse, Datteln, Würstchen, Bananen (reif!), Orangen und und und … Solche Stationen folgen noch bei Km 24, 33, 42, 50 und 58. Zusätzlich noch Trinkstationen bei Km39 und 47. Dazu noch am Ziel Getränk, Suppe, Bocadillo mit allem Drum und Dran. Was manche mit sich schleppten, war unnötig.
Viele liefen mit Stöcken, andere walkten. Anfangs schätzte ich diese als langsam ein, aber dann überholte ich doch viele bis zum Ziel und sicher waren noch viele vor mir dort angekommen.
Ich ging die Sache langsam an, die erste Hälfte in ca. 3:45. Wusste ich doch, dass der harte Teil erst danach anfing. Erste Hälfte ca. 1000 Meter auf, 600 ab, die zweite 1700 Meter rauf und 900 Meter runter. Start bei ca. 30 Höhenmetern, Ziel bei ca. 1200. Höchster Punkt bei ca. 1500 Meter.
Anstrengend wurde es für mich nach km 55. Ich verfiel auf die Idee, dass Einer in meiner Altersklasse vor mir war und ich mit ihm gleichziehen wollte. Also versuchte ich ihm beim zweitletzten Anstieg über 390 Meter auf 2,6 Kilometer zu folgen. Aber das kostete mich dann doch enorme Kraft. Der Mann war flott im Anstieg. Irgendwann auf der Straße danach, gelang es mir ihn zu überholen. Doch dann ging es noch einmal 140 Meter hoch und schlimmer noch 200 Meter auf Bergwegen steil bergab. Da musste ich dann passen.
Bergauf waren mir viele Läufer in der Regel zu langsam – bergab musste ich sie überholen lassen. Während sie locker über die Steine herunter rasten, war es ein Jammer mit mir: Hüpfen, Springen, Balancieren – und nachdem ich einige Male gefährlich gestolpert war: Aufpassen, Aufpassen!! Da wurde klar, dass meine spanischen Mitkompetitoren ein ganz anderes Bergtraining hatten. Ich konnte nur staunen.
Die letzten Kilometer wurden also doch recht lange. Am Schlimmsten, dass es die letzten 4 Kilometer abwärts und abwärts ging, ich von Stein zu Stein balancierend.
Ja und dann war es nach 8:42 geschafft. Eigentlich wollte ich nur mit 10 Stunden durchkommen.
Meiner Frau traute ich 12 Stunden zu, machte mir Sorgen, wie sie die steinigen Abstiege bewältigen würde und stellte mich auf eine längere Wartezeit ein. Zufälligerweise stelle ich mich nach 48 Minuten an das Ziel, um meine Nachfolger einlaufen zu sehen – und da kommt sie fröhlich, locker hüpfend durch das Ziel. - Pah, bin ich baff!!
Jetzt folgte das letzte Essen – reichlich belegtes Bocadillo mit heißer Suppe – Duschen, ein Finisher-T-shirt zusätzlich zu dem Starter-T-shirt, und eine 75-Kilometer-Busfahrt zurück zum Start. Das alles für 33 Euro – nicht zu vergleichen mit der unverschämten Geschäftemacherei bei Marathons in Deutschland. Es ist eine Bestätigung für den spanischen Werbespruch: España es diferente. Es gibt dort nicht nur die arroganten, kundenindifferenten Angestellten bei Bahn und anderen Behörden, sondern auch viele freundliche und sehr um das Wohl ihrer Mitmenschen bemühte Menschen.
Für uns folgte eine weitere Nacht auf unserem idealen Rastplatz, nur 12 Minuten Gehweg entfernt vom Start, und ganz und gar nicht werden wir den Feigenbaum verfluchen (Markus 11, 12 – 14), sondern ihm dankbar sein und in guter Erinnerung behalten.
Nach noch mal 11 Stunden Bahnfahrt bin ich heute so wirklich schön kaputt und selig müde.

Bei der Analyse der Ergebnisse und Zwischenzeiten ergibt sich für meinen Lauf: Zwischen der ersten Kontrollstation bei km 12 und dem Ziel musste ich ca. 350 Läufer überholen, um von der hinteren Hälfte in das vordere Viertel zu kommen. Bei diesen Wegen oft ein schwieriger Vorgang. Waren Gruppen vor mir musste ich lange auf Gelegenheiten warten, vorbeizukommen. Aber vor km 12 hatte ich schon ca. 50 überholt, schon aus Wut über die Warteschlange, in der ich lange Zeit stehen musste.
Mein Konkurrent in meiner Altersklasse war da cleverer, er war ungefähr um die Zeit vor mir im Ziel, die er vor mir bei der ersten Kontrollstation war.
Wie sich aus den Zeiten der Kontrollstationen ergibt, bin ich nach dem Stau von keinem anderen Läufer mehr überholt worden.

29.04.09

Nur gelaufen

Nach dem längeren Lauf am Samstag zwei Tagen Pause. Am ersten Tag noch Kreislaufschwankungen, nur Gymnastik und Sretching, am zweiten Tag endlich Zeit für andere Sachen als Laufen. Zu laufen versucht habe ich wieder gestern. Merkwürdiges Gefühl; als ob der Oberkörper gezogen werden würde. Vielleicht durch den jetzt fehlenden Rucksack – oder heißt es inzwischen Trailback?
Aber dann hat es sich auf niedrigem Niveau stabilisiert. Es sollte ja nur ein Kompensationslauf werden. 13,5 mit 5:59.
Heute versuchte ich es noch einmal. Der Plan sieht in der zweitletzten Woche noch immer die Hälfte der normalen Kilometer vor. Am Anfang noch ein gutes Gefühl - also die Steigung hoch. Doch dann lief mein Körper plötzlich altgewohnte Weg, nicht die Extrarunden, die ich vorhatte. Der Geist war abwesend. Der Regen wurde heftiger. Am Anfang war es noch ein Genuss, dem ich mich barhäuptig aussetzte. Aber dann auf nasser Straße, Autos, die passierten, kalte Hände trotz Handschuhen – nee.
Nach 16 Km kam ich steif und frierend nach Hause, alles nass. Und brauchte einige Zeit, um wieder beweglich und warm zu werden.
Ich habe mich also vom „langen Samstag“ noch nicht erholt, Reserven noch nicht wieder aufgefüllt, obwohl die Waage Besserung anzeigt.

Morgen ist also wieder Pause. Deswegen schon der Monatsrückblick für April: 383 Km mit 7772 Höhenmeter, je km durchschnittlich 6:15.

26.04.09

DRITTER LANGLAUF

Gestern sind wir den Jubiläumslauf vom letzten Herbst noch einmal gelaufen für die Vorbereitung des noch längeren „Wettbewerbs“ in zwei Wochen. Am Ende waren es ca. 59 km bei Netto 7:14, Brutto mit Ess- und sonstigen Pausen 8:16.
Diesmal gab es eine herrliche Sicht in die Alpenkette, die Obstbäume blühten in voller Pracht, Wiesen und Wälder voll mit Blüten aller Art. Besonders der erste Teil mit Blick auf den See und die Trails durch verschiedene Tobel waren sehr schön.
Bei 30 km fing der härtere Teil an, Steigung von 450 auf über 800 Höhenmeter, wieder abwärts auf 480 und wieder hoch auf 720. Insgesamt über 1200 Steigungsmeter. Im letzten Drittel gab es zwar noch einmal viele grandiose Ausblicke, aber jetzt war Durchhalten wichtiger als Genießen. Das Thermometer ging über 22° und der Schweiß brannte in den Augen.
Mit insgesamt 4 Liter auf dem Rücken sind wir losgelaufen. Man konnte sich nicht darauf verlassen, Trinken kaufen zu können. Mit Brunnen ist es so: wo gibt es welche, wenn ja – sind die Hähne schon offen, führen sie überhaupt Trinkwasser? Immerhin konnten wir in einem Café Brötchen kaufen und für den Rest reichten je 4 Riegel.
Heute mischen sich Erinnerungsbilder mit einigen Muskelschmerzen, etwas Kater und Sorgen, wie es in 14 Tagen aussehen wird.

18.04.09

KLEINE BERGTOUR

Als Vorbereitung für die nächsten harten Läufe habe ich es diesmal mit einem schwereren Berglauf versucht. Etwas über 27 km, ca. 1500 Steigung – das müsste ich doch locker in 3 Stunden schaffen. Oder?
Aber zunächst musste ich ca. 50 km mit dem Rad an den Bergfuß fahren, mich umziehen, mein Gepäck, Helm, die Reserven irgendwo verstecken. Auf der Fahrt noch ein paar Regentropfen, aber die Sonne schien schon auf die Schweizer Seite, die schneebedeckten Berge im Rheintal leuchteten. Nur mein erstes Gipfelziel lag unter dunklen Wolken, drohte düster wie Mordor.
Dann ging es gleich zur Sache, hoch zum Bregenzer Hausberg. Von 410 auf 1064 Meter in nur 4,5 km – also durchschnittliche Steigung über 16%. Nach 45 Minuten war ich oben. Na ja, nach meiner Planung wäre ich schneller oben gewesen. Oben zwar Sicht, aber ungemütlich kalter Wind.
Dann runter durch Schneefelder. Den kurzen Abstieg von der Karte finde ich nicht, muss den langen Weg runter. Bis auf 653 Meter. Macht nichts – ich habe ja Zeit. Dann laufe ich folgsam Wanderwegweisern folgend eifrig an einem Bach mit vielen Wasserfällen hoch. Schöne Strecke - schade dass meine Frau nicht dabei ist, würde ihr gefallen. Gleichmäßig geht es hoch, aber ich gerate mehr und mehr nach Norden und komme schließlich an eine Kreuzung, die ich in meiner Karte auf die Schnelle nicht finde. Also orientiere ich mich an den Wanderwegweisern. Wieder geht es einige hundert Meter durch hohen Schnee. Mit Tempo ist nichts mehr. Endlich ein Wegweiser, der zu meinem nächsten Ziel, den Hirschberg mit 1095 Meter zeigt. Nach 2 Stunden und nur 15,25 km bin ich oben. Nette Aussicht. Ich verzehre einen Riegel, trinke einen halben Liter.
So und jetzt habe ich noch eine Stunde Zeit – ob das reicht?
Wieder verliere ich einige Male den Weg, aber komme doch an die Abzweigung, wo ich von 720 zum dritten Berg auf 1060 Meter hoch will. Zuerst wieder Schnee, dann nach 1 km an der Staatsgrenze kreuzt der Weg einen Bach. Statt mir die Schuhe auszuziehen, versuche ich links zu bleiben. - Ist da nicht ein Weg? Ich hab doch keine Zeit … Zwar gibt es eine Zeitlang diesen Weg, aber dann verliert er sich in Wildwechseln. Und ich stolpere über Stock und Stein, springe über Gräbelein, gerate in einen Kessel, in den von allen Seiten kleine Bäche stürzen, in der Mitte ein Wasserfall mit 15 Metern. Es hilft nichts - jetzt muss ich auf allen Vieren hochklettern. Dann geht es wieder chaotisch weiter. Irgendwo überquere ich den Bach, muss dazu große Steine ins Wasser werfen, um rüberzukommen. Dort finde ich einen Weg, der nach oben führt und schließlich unterhalb einer Alm auf eine Wiese führt. Gehend gelange ich entkräftet auf 1007 Meter mit traumhaft schöner Aussicht in die schneeweißen Allgäuer Alpen. Aber dafür habe ich jetzt keine Zeit, habe ich doch auf den letzten 5 km über eine Stunde verloren.
Jetzt also abwärts jagen auf Straße und Abkürzungen, immer wieder grandiose Ausblicke auf den See. Dadurch dass der Himmel teilweise wolkenverhangen war, beleuchtete die Sonne nur ausschnittsweise Regionen und brachte so deren Farben kräftiger zur Geltung.
Am Schluss waren es 4h11Min auf 31,3 km.

Ich habe zwar mein Zeitziel nicht erreicht, aber bin doch glücklich, den Lauf gemacht und so durchgestanden zu haben.

Heute Morgen den Geruch von Wald an den Händen.

11.04.09

PASSIONSLAUF


Nicht um ein Opfer zu bringen, sondern weil das Leiden auch mit einer Bereicherung der Erfahrung – und körperlichen Umstellung verbunden sein soll, sind wir diesmal 56,25 km gelaufen, in netto 6:11. Brutto waren es durch Besichtigungen, kleine Mahlzeiten, Kartenstudium, Trinkflaschendepots anlegen, Fotografieren fast 7 Stunden.
Warum Depots? Pro Stunden Laufen verliert man ungefähr einen Liter Flüssigkeit, also würde das bei 6 Stunden je LäuferIn 6 Liter bedeuten. Das zu schleppen würde unsere Rücken überfordern, wäre auch zuviel zu trinken. Also nahmen wir 7,5 Liter auf Rücken und Hüfte mit. Bei km 3 versteckten wir die Kleider – wir mussten ja mit der Bahn bis nach BS und mit den Fahrrädern die 3 km zur Bahn fahren -, dann bei km 5 musste ich den tropfenden Trinksack im Wald deponieren. Schade, das Ding taugt nichts.
Bei km 12 wurden 1,5 Liter Cola in einem Baumstumpf deponiert – das sollte Power für die letzten Kilometer auf dem Rückweg geben. Bei km 21 schließlich das letzte Depot an einem Ackerrand mit 2 Liter Tee. Nach weiteren 13 km sollten wir an diesen Punkt zurückkommen.
Es hat sich dann gezeigt, dass die Menge mehr als ausrechend war. Zwar habe ich nach Waage tatsächlich ca. 6 Liter verloren, aber die 3,75 Liter waren während des Laufens mehr als ausreichend. Zuhause angekommen machten wir dafür dann kompensierenden Gemüseeintopf.
Sonne und blauen Himmel den ganzen Tag – deswegen auch Sonnenbrand. Temperaturen über 20 Grad, aber durch Wind nicht allzu heiß.
Mit den ca. 250 Steigungsmetern waren wir nicht überfordert. Schwierigkeiten kamen eher von den langen und geraden Wegen. Nervig oder interessant dafür aber, dass wir uns mehrmals im 10 km langen Wald verirrten.
Heute? Bei mir etwas Kater. Aber gemessen an der Herausforderung in 4 Wochen, war das noch ein Kinderspiel.
Die Strecke war schön. Auf dem Foto das Werk von Bibern. Dass sie solche Bäume umzulegen, hätte ich nicht für möglich gehalten.
Zum Schluss noch Respekt für meine liebe Partnerin.

04.04.09

„DUATHLON“


Gestern wollte ich einen letztes Jahr geplanten Lauf machen, aus dem dann eine Wanderung am 24.06.08 wurde. Das hieß, zuerst 56,5 km Rad fahren, dann 34 km laufen. Aber dann wurden es, weil ich meine Karte verlor und wieder zurück und hoch -120 m- musste, 37,8 km. Bei der Rückfahrt ging die Schaltschwinge samt Kettenrädchen kaputt und ich musste die restlichen 38 km mit einer Notlösung (Kette von groß zu groß) fahren. Insgesamt brauchte ich mit „Wechselzonen“, Fotografieren, Futtern und Reparatur fast 10 Stunden. Beim Laufen waren es 980 Steigungsmeter.
Am Abend den Kopf voll mit schönen Bildern: das überschwemmte Donautal, weite Ausblicke von den Höhen, die ersten blühenden Pflanzen: Veilchen, Märzenbecher (im April), Sumpfdotterblumen.
Heute sind zwar meine Gelenke und Muskeln weitgehend OK, aber das Kreislaufsystem ist noch auf Hochtouren.









02.04.09

MEDITATIVES LAUFEN: Neue Erfahrungen

Neue Erfahrungen, die ich bei meinen Versuchen, meditativ zu laufen, mache: Einmal verliere ich dabei ein wenig die Kontrolle über das, was um mich ist – oder besser bekomme Angst davor. Dann kommt es mir vor, als wäre mein permanentes Denken notwendig, um bei mir selbst ein bestimmtes Bild von mir aufrechtzuerhalten, eine bestimmte Person, die ich im Laufe meiner Entwicklung aus der Kindheit entworfen habe. Darunter ist ein einfacher, vielleicht primitiver oder simpler Mensch, der ich nicht mehr sein mochte, weil ich mit der Umgebung, die das entwickelt hat, nichts mehr zu tun haben wollte. – Ein Gedanke.
In der Regel habe ich Probleme wirklich konzentriert zu laufen. Die Gedanken laufen immer davon. Manchmal denke ich, ich muss aufhören, im Blog hier darüber zu schreiben. Dieses hier Sich-Präsentieren-Müssen verhindert vielleicht, dass ich auf den Grund meiner Person komme, wo ich nicht gezwungen bin, etwas Bestimmtes darzustellen. – Ein anderer Gedanke.
Dann wieder gelingt mir immer öfters das konzentrierte Laufen, wie ich es mal nennen will; also wenn Atmung, Laufen und Körper miteinander harmonieren. Die Atmung steuert das Laufen. Es ist mir nichts Neues, ich habe es bei vielen langen Läufen schon erreicht. Ich entdecke es wieder neu. Ich werde das weiter verfolgen.

März Monatsbilanz: 343 km, 6546 Höhenmeter (topographisch gemessen, nicht barometrisch …).

29.03.09

ERSTER LANGLAUF

Heute sind wir zusammen 45 km zum Ziel vom 8.10. letzten Jahres gelaufen. Weil es zur Vorbereitung für die 63 km (+2500) erst mal lang genug war und auch eine Steigung von fast 1000 Meter hatte. Das Wetter war allerdings nicht so toll wie letztes Jahr. Kein Regen, aber keine Sicht auf Pilatus oder Zugspitze. Dafür waren wir fast eine Stunde schneller: 4:43. Hoffentlich haben wir uns nicht kaputt gelaufen. In 14 Tagen sind 12 km mehr dran.Unterwegs viele überfahrene Kröten - Frühling... Matsch wie beim Strongman.

16.03.09

Langer Lauf in Grau

Am Sonntag haben wir für die Vorbereitung für den 9.Mai einen ersten langen Lauf gemacht: 30,4 km. Rund um R., zuerst zum Wildschweingehege hoch, zur Stadt runter, hoch zur Jugendherberge, oben ein wenig Aussicht zum See, wieder ins Tal und wieder auf der Westseite hoch zum Sender und auf einem Umweg zurück. 3 Stunden 7 Minuten, ca. 400 Höhenmeter. Ich wundere mich, wie das meine Partnerin so locker macht.
Leider war nicht viel los mit Sonne. Schön nur der Blick auf die Schneeflächen über dem Tal.

08.03.09

Turbulenzen

Am Donnerstag hatte ich eine wichtige Feier, bedeutete viel Vorbereitung und Anspannung. Dass es danach vorbei sei, war eine falsche Vorstellung. Zunächst war ich körperlich fix und fertig, dann war auch der Kopf voll mit dem, was ich an Unangenehmem sagen musste. Die Läufe waren voller Gedanken, die ich kaum mehr bremsen konnte. Zwar lief zunächst der Körper brav mit, aber dann erwischte mich doch eine leichte Grippe, machte mir den langen Lauf am Wochenende erst schwer, nach 5 km lief es gut, aber nach 26,3 km mit 5:40/km und über 600 Hm brauchte ich länger als normal, um mich zu erholen. Wegen Schneematsch fast nur auf Straßen gelaufen- dem Gelände ausgewichen.
Wohltuend, wenn die Sonne es ab und zu schaffte, durchzukommen, Wärme im Gesicht.

01.03.09

LAUFERFAHRUNGEN

Ich laufe also weiter mit dem Versuch, meditativ zu laufen. An sich widerspricht es der Intention, darüber zu berichten. Aber da ich mich ohnehin nur im Vorfeld dessen bewege, wo ich hin will, erlaube ich mir darüber schreiben.
Was mir bei diesem Laufen in den Sinn kam, war die folgende Idee:
Laufen hat mit Ausdauer zu tun. Bedeutet, eine lange Zeit, eine lange Strecke, eine lange Zeitstrecke zu überstehen. Es ist zwar nicht wie Warten eine reine passive Tätigkeit, aber dennoch steht die lange Laufzeit in einem negativen Verhältnis zum Laufziel. Während ich laufe, habe ich mein Ziel nicht erreicht. Es heißt zwar: „Der Weg ist das Ziel“, aber meine Wirklichkeit sieht anders aus. Ich habe mir eine Strecke vorgenommen, sehe das als Teil meines Trainingsplans, trainiere für einen langen Lauf im Mai und Juni. Dass ich daneben noch in der freien Natur bin, mich bewegen kann, die Landschaft erlebe, immer neue Teile meines Körpers und der Umgebung kennenlerne, - das ist ein sekundärer Gewinn, der mir hilft, mich auf dem Weg für das primäre Ziel zu unterstützen.
Ausdauer haben bedeutet etwas Frustrierendes und Anstrengendes aushalten und ertragen zu können. Es ist eine länger dauernde Unlust mit dem Ziel dafür später mehr Lust erfahren zu können. Es ist ein Leben in einem negativen Zustand, fern von dem Ziel, ist eine lange Bewegung hin zu etwas, was weit weg ist.
Es kam mir so vor, als wäre in oder vor meinem Leben eine Explosion erfolgt, die mich und/oder andere als Teile eines vormals Ganzen in die verschiedensten Richtungen gesprengt hat. Schaue ich auf mich, wenn ich laufe, so ist da sicher auch Aufmerksamkeit für die Natur um mich, aber es ist doch keine Erfahrung von Glück oder Erfüllung. Es ist ein negativer Zustand, Durchhalten. Irgendwann soll etwas Anderes kommen. Oder selbst, wenn es nicht kommt, so ist es als stilles und schweigendes Bewusstsein immer im Hintergrund. Dieses Andere ist nicht klares und aussprechbares Bewusstsein oder Wissen, vielleicht nicht einmal Ahnung. Zunächst ist es da als Bewegung des Körpers, als Laufen. Laufen ist als Bewegung einerseits etwas weg von … andererseits Bewegung auf etwas hin zu. Es ist einerseits eine Überwindung und Negation dessen was hinter mir ist, anderseits eine Bestätigung dessen, was vor mir ist.
Es hat wenig mit dem sitzenden Zen, dem Zazen zu tun hat, steht sogar im Gegensatz zu ihm. Es ist Unruhe, Unzufriedenheit, Zustand des Vertriebenseins, Noch-Nicht.
Eine mögliche Deutung entnehme ich Ernst Bloch:
Der Mensch lebt noch überall in der Vorgeschichte, ja alles und jedes steht noch vor Erschaffung der Welt, als einer rechten. Die wirkliche Genesis ist nicht am Anfang, sondern am Ende, und sie beginnt erst anzufangen, wenn Gesellschaft und Dasein radikal werden, das heißt sich an der Wurzel fassen. Die Wurzel der Geschichte aber ist der arbeitende, schaffende, die Gegebenheiten umbildende und überholende Mensch. Hat er sich erfaßt und das Seine ohne Entäußerung und Entfremdung in realer Demokratie begründet, so entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat.

Prosaischer: Diesen Monat 285 km, ca. 4755 Höhenmeter. Die Krankheit der letzten Woche steckt mir aber noch etwas in den Knochen.
Die Vögel schalten auf Frühling um, besonders aktiv sind die Buchfinken, natürlich Meisen, dann auch Grünspechte und andere trommelnde Spechte.

Umweltprämie jetzt!

Hier noch ein Logo für eine sinnvolle Aktion: eine Fahrradabwrackprämie. Die gegenwärtige und kommende Krise zeigt die Labilität eines Wirtschaftssystems, das nur funktioniert, dass es die Menschen international ausbeutet, Ressourcen, Natur und Zukunft zerstört.

22.02.09

„Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“

Jetzt habe ich es doch gelesen, das von A. Rühle besprochene Buch von Murakami. Rezensionen habe ich schon erwähnt.
Murakami schreibt von verschiedenen Marathons, warum er läuft, von Triathlons in den letzten Jahren.
Warum läuft er? Als Schriftsteller sitzt er täglich mehrere Stunden am Schreibtisch. Dabei bildet sich Gift in seiner Seele, das er durch Laufen wieder abbaut.
Der Tonfall des Buches ist resignativ. Vielleicht derart: Es geht alles bergab, die Kräfte, es ist alles so mühsam, eigentlich ist Laufen nutzlos, aber es doch ganz nett, trifft man doch dabei ein paar Bekannte, sieht unterwegs eine hübsche Frau, der Körper ist nicht mehr so fett, die Muskeln, die tun ab und zu, was Herr Murakami will.
Dass ein Mensch, der trotz fehlender großer Erlebnisse und Erfolge, trotzdem tapfer weiterläuft, weckt Interesse und vielleicht die Hoffnung, dass er Bücher schreibt, die interessanter sind, als dieses.
Denn, obwohl er einiges an Interessantem ansammelt, etwa die Kette von Misserfolgen, die Beschreibung von der Nutzlosigkeit des Laufens, die Unmöglichkeit, seine Motive zu beschreiben, dieser gewollte Zustand der Sinnlosigkeit, fragt man sich doch, was ist nun so besonders lesenswert an dieser Art von Aussage- und Denkverweigerung. Irgendwelche misslungenen Marathons, die ja meistens interessanter sind als die gelungenen, kann jeder Läufer abliefern. Wenn ein solcher Mensch ein erfolgreicher Schriftsteller ist, dann müssen diese Bücher doch mehr Pep haben als dieses.
Aber vielleicht liegt Murakamis Charme in seiner Naivität, kritisches Denken zu verweigern und relativ gedankenlos durch die Gegend zu traben. Schon professionell ignorant, wenn er davon erzählt, wie er über die Kontinente düst: mal ist er in Honolulu, mal in Boston, mal in Tokio (veredelt geschrieben als „Tokyo“), mal in New York, Athen oder Sonstirgendwo.
Manchmal auch einfach Unsinn, wenn er von seinen Pulsraten erzählt. Nach einer halben Stunde Laufen ist er bei 70, bei Laufen mit ganzer Kraft kommt er auf 100 … olalala! (S.77f). Das ist wohl „magischer Realismus“.

Von dem Gift, das da beim Schreiben hochkommt, hätte ich gerne mehr erfahren, hätte es doch mehr Aufschluss über das Laufen gegeben. Schön die Szene vor dem Spiegel: er sieht seinen Körper und zählt die Unstimmigkeiten. Bei Nummer 26 hört er auf, will nicht weiterzählen. Er ekelt sich vor sich selber und fühlt sich körperlich als unzulänglich. Das ist eine entschieden bessere und soziale Methode, über sich zu reden, als immer nur seine Großartigkeit anzupreisen, wie es manche Jogger gerne machen. Und es führt auch zu einer der Grundmotivationen des Läufers: die Sorge um die Verbesserung des eigenen Ersheinungsbildes.

Diese Woche war ich so erfolgreich wie Murakami. Ein Virus oder dergleichen setzte mein Verdauungssystem lahm, ich verlor über 2 kg, fast alle Kraft und muss wohl wieder von vorne beginnen. Mensch ärgere Dich nicht.

14.02.09

SOZIALDARWINISMUS UND LAUFEN

Darwin wird derzeit gefeiert. Neben der seriösen Evolutionstheorie hat sich mit seinem Namen vor allem der Sozialdarwinismus verbunden. Rassedünkel und Privilegien der Eliten begründen sich mit dem „Survival of the fittest“. Heute hört man, Darwin, der durch die Lektüre des Klassisten Malthus auf seine Idee der natürlichen Selektion kam, hätte neben der Anpassung der Gene auf eine Umwelt auch die Kultur, die menschliche Kooperation und Moral als eine Anpassungsweise an die Umwelt verstanden. Nun ja – vielleicht sollte man vorsichtig sein bei der Übertragung aus Gesetzen des Tierreichs auf menschliches Leben. Ich kann mit den biologistischen - mit oder ohne Evolution - gentheoretischen und gehirnphysiologischen Erklärungen des menschlichen Verhaltens wenig anfangen, halte sie zur Erklärung des Menschen nur begrenzt hilfreich. Sicher hat alles eine biologische und physische Grundlage, aber kontrolliert und geformt wird diese Basis durch das menschliche Zusammenleben. Das zeigt schon die Wandelbarkeit des Menschen in verschiedenen Kulturen und Zeiten.

Nun leben wir aber ein einer scheinbaren Welt der individuellen Verantwortlichkeiten. Der Einzelne glaubt, der Schöpfer seiner Selbst, seine eigene Erfindung zu sein – oder sein zu sollen. Und zu dieser einsamen Welt der scheinbaren Robinsons gehört auch der Läufer. Nicht nur, dass er ständig mit sich selbst beschäftigt ist – das lässt sich ja an meinem Blog hier beobachten -, die Pflege der Fitness in diesem Survivalkampf gegen das Absterben und Überflüssigsein gehört zu seinem zentralen Anliegen. Zwar sind seine Erfolge, Triumphe und Siege für die anderen nicht unbedingt tödlich, aber der Läuferstolz zeigt spätestens dann seine aggressive Seite, wenn er mal gekränkt wird, sei es durch Niederlagen, Stürze, Krankheiten. Und sei es nur in der milden Form der Depression oder Selbstquälerei.
Wir sind uns wohl alle ein wenig feind. Kaum zu glauben, dass daraus ein neuer Mensch, eine neue höhere oder komplexere Art entsteht. Im Gegenteil, der Rekurs auf primitivere Formen des Lebens: der solitäre Läufer mit komplexitätsreduziertem Bewegungsmustern – wenn auch immer noch komplexer als die sitzende Bewegungsform – bewegt sich in einer Fantasie von Natur. Insofern kreativ und geistig auch lebendig. Aber er läuft außer der realen gesellschaftlichen Konkurrenz und Realität. In einer Blase sozusagen, sei es der Traum von „Survival of the fittest“ oder in einem spirituellen Gefühl, dem ich derzeit nachforsche.
Ist der Läufer in seinem Rekurs auf Jagd und steinzeitliches Kriegerdasein, körperliche Ertüchtigung im verkopften Zeitalter also ein Modell für die Zukunft, eine evolutive Regeneration oder eher Zeichen von sozialer Degeneration?
Sollte man sich das nicht überlegen?

Ich versuch mich dagegen mit der Einübung von Gedankenlosigkeit trainingsmäßig hochzupushen. Zum Beispiel am Mittwoch 17 km mit ca. 500 Höhenmeter – 9-mal im Schnee den gleichen Berg rauf und runter. Ein Auto versuchte mich zu überholen, blieb am Berg hängen und musste zu meiner Freude – „Läufers Freud“ – wieder rückwärts zurück. Aber ob der Lauf wirklich was gebracht hat, weiß ich nicht. Nichts vom meditativen Laufen, keine Konzentration auf das Hara.
Heute 28 km teilweise im Schnee. Zwar konnte ich mich mehr konzentrieren, aber die beiden letzten Anstiege haben mich schier umgeschmissen. Mit blauen Lippen kam ich nach Hause. Den Lauf durchgestanden habe ich mit Konzentration auf die Bewegung durch das Ausatmen und der gleichzeitigen Lockerung der übrigen Körperteile.

09.02.09

MEDITATIVES LAUFEN - Erfahrungen

Mit besonders viel Eifer betreibe ich es nicht, das meditative Laufen. Aber ich bleibe am Ball. Anfangs schien mir das Gedankenverbot zu hart und ich habe es auf 4 km beschränkt. Aber als ich es nicht einmal auf diesen 4 km richtig schaffte, das Denken abzuschalten und ich merkte, dass ich immer wieder den Gedankenlauf abbremsen musste, um wieder neu mit der Konzentration auf das „Hara“ zu starten, habe ich diese Begrenzung aufgegeben. Den Denktrieb werde ich ohnehin nicht bändigen können. Es ist sinnvoller, sich immer wieder neu zu konzentrieren.
Bei dem Versuch „abzuschalten“ kommen bei mir zunächst Ängste hoch, auf diese Art Demenz und Alzheimer einzuüben. Normalerweise bin ich sehr kopforientiert und es macht mir Vergnügen, ständig über irgendwelche Sache nachzudenken, Gedanken zu formulieren, imaginäre Gespräche zu führen, Artikel zu schreiben. Oft ist es ein wenig wie in Nächten, in denen ich nicht mehr einschlafen kann, weil ich mich in imaginäre Diskussionen verwickle, ewig oft die gleichen so grandios erscheinenden Argumente wiederholend und nicht mehr in der Lage, damit aufzuhören. Dann braucht es alle Kraft, diesen leeren Kreislauf abzubrechen und die Gedanken zu stoppen.
Also ich habe Angst, die Wachheit zu verlieren. Dabei muss das nicht sein. Die Wachheit soll erhalten bleiben, aber die Gedanken sollen nicht die Wahrnehmung des sich bewegenden Körpers übertönen.
Wenn ich mich dann auf das „Hara“ konzentriere, bewusst ausatme, tiefer atme, meine Beine spüre, wie sie sich oft verkrampfen in falschen Haltungen, wenn ich dann versuche lockerer zu laufen, merke ich wie anders doch dieses Laufen gegenüber dem normalen Dauerlauf ist.
Beim Dauerlauf gehen die Gedanken in eine andere Richtung. Gut ich schaue auf die Uhr, vergleiche meine Zeit mit anderen Läufen oder Kilometern, aber eigentlich ignoriere ich den Körper, ertrage das Laufen mehr passiv als dass ich es aktiv angehe. Konzentriere ich mich dagegen auf den Körper und seinen Rhythmus, seine Bewegung, die Muskeln usw. dann spüre ich zunächst einmal, wie sie durch Gewohnheit bewegt werden, wie sie sich passiv und bewusstlos bewegen.
Der Atem – oft – hängt über dem magischen Punkt, ist oberflächlich, flach, geht in die Richtung dieses denkenden und phantasierenden Organs, zum Kopf. Senke ich den Konzentrationspunkt ab, tauchen die Bewusstseinsängste auf: Jetzt hast du gerade einen tollen Gedanken, den vergisst du sicher – oder: denk erst mal das zu Ende, sonst quält es dich die ganze Zeit und kommt wieder hoch und so weiter und so fort.
Gelingt es mir trotzdem, mal mich auf das Laufen zu konzentrieren, merke ich, wie nun aktiver laufe, nicht nur das Laufen erleide. Ich werde schneller, die Bewegungen gezielter und bewusster.
Ich übertreibe es jetzt und spitze es in diese Richtung zu: Beim passiven Laufen träume ich vor mich, bade in schönen Gedanken: Jetzt bin ich schon so und so viele Kilometer gelaufen, jetzt bin so schnell gelaufen, Mensch, das macht mir so schnell keiner nach, so toll wie ich erlebt nicht jeder die Natur; also ich bade in diesem Läufernarzissmus. Darauf zu verzichten, diese selbstverwöhnenden Gedanken abzuschalten, mit dem werde ich weiter experimentieren.

02.02.09

MEDITATIVES LAUFEN - Gedanken

Derzeit versuche ich mich immer wieder in etwas, was ich meditatives Laufen nenne. Ich habe nicht allzu viel Erfahrung in Meditation, auch wenn mir diese Sache über einige Übungen und Gelesenes etwas vertraut ist. Ein Fachmann bin ich nicht, eher ein schon seit längerem Interessierter. Ein wenig kenne ich asiatische Meditationstechniken, das Sitzen, etwas Yoga, die Konzentration auf das Kraftzentrum Hara im Karate. Immer wieder habe ich versucht, mich beim Laufen auf dieses Hara zu konzentrieren, ein Punkt drei fingerbreit unterhalb des Nabels. Beim Ausatmen kann man ihn am besten spüren. Aber es gelang mir nur ansatzweise, schnell war ich abgelenkt.
Diesmal habe ich einen anderen Zugang versucht. In einer Sendung über Meditation höre ich von den aufkommenden Problemen. Vor allem die Schwierigkeit, die Gedanken abzustellen. Eine Erfahrung bei meinen Läufen, bei denen ich versucht habe, mich auf das Hara zu konzentrieren, war immer die, dass ich nach kurzer Zeit in Gedanken zu etwas anderem geraten bin. Die Meditationsfachleute meinen aber, das wäre normal und kein Grund, aufzuhören. Manche meinen sogar, man solle diese Gedanken ruhig laufen lassen und es wäre unsinnig, sie durch Konzentrationskraft willentlich vertreiben zu wollen. Besser wäre es, sie laufen zu lassen, aber immer wieder zu seinem Vorhaben zurückzukehren, nämlich die Gedanken „abzuschalten“, sich auf den Körper und das Atmen zu konzentrieren.

Es gab in den 70er Jahren eine Begeisterung für die Bücher von Carlos Castaneda. Inzwischen werden seine Berichte über seine Erlebnisse mit einem indianischen Schamanen in Frage gestellt und sie haben ihre Faszination verloren. Ich denke, Castaneda, selbst wenn er in seinen Bücher schamanistischen Lehren mit einer guten eigenen Fantasie mixt, behandelt Erfahrungen, die sich immer wieder in Berichten von nichtindustrialisierten Gesellschaften finden lassen.
Interessante Themen darin: die Welt anhalten, indem der innere Dialog oder Monolog, eben das innere Gespräch angehalten wird. Das Zentrum der Aufmerksamkeit soll verschoben werden, die Welt soll mit einem schielenden Blick wahrgenommen werden.

Es gibt aber auch als anderes Beispiel die „freischwebende Aufmerksamkeit“ eines Psychoanalytikers gegenüber dem freien Assoziieren und Agieren seines Klienten. Die Erkenntnis ergibt sich dann aus einem intuitiven Verstehen.
Soweit zunächst einige wirre Assoziationen zur Einführung in die Problematik.

Gestern ein 26km-Lauf in der Kälte. Der Himmel grau und bedeckt. Wenig Menschen auf der Straße. Der Tobel war jetzt vollständig vereist und ich musste höllisch aufpassen. Bei dem Auf und Ab konnte ich 425 Höhenmeter sammeln.
Laufkilometer im Januar: 290, ca. 3800 Höhenmeter, im Durchschnitt mit 5:34/km.

26.01.09

ZURÜCK

Nach dem Sturz vor einer Woche brauchte ich erstmal drei Tage, um meinen Blues zu überwinden. Ich saß da und starrte mit leerem Kopf gedankenlos ins Zimmer. Der Zahnarzt reparierte den Zahn, die Wunden begannen zu heilen und ich bekam wieder Lust zu laufen.
Der erste Lauf war gleich zu lang. Der Körper fühlte sich schwer an. Ich wollte nachholen, was ich versäumt hatte und das war ein Fehler. Gleich meldete sich mein malträtierter Strecker, unter den Gebildeten auch Adduktor genannt, wieder und nahm mir die Tour übel. Aber am nächsten Tag schaffte ich es wieder nicht, meine Lauflust zu bremsen. Diesmal mit weniger schmerzhaften Nachfolgen. Doch die Unvernunft siegte auch am nächsten Tag.
Und gestern wollte ich endlich wieder einen langen Lauf machen. Es wurden auch flotte 22 km – ein Teil der Strecke durch den vereisten Feuerbachtobel – schöner Name – immer bergauf und bergab. Aber mein Adduktor dankte es mir nicht.
Heute Morgen wollte ich bei dem schönkalten Winterwetter – Sonnenaufgang und so … - gleich wieder losspringen. Das Fleisch war mehr als willig, aber der Geist war dann noch stärker. Stattdessen hat der Adduktor einige Streicheleinheiten bekommen und sich strecken und räkeln dürfen.

18.01.09

STURZ AUF EIS

Gestern beim langen Lauf, in einer scharfen Rechtskurve, knallt es mich blitzartig auf den Boden. So schnell, dass ich mich nicht einmal mit den Händen auffangen kann. Mit dem Kopf auf den glatten Beton auf Nase und Mund. Einer der im Sommer 07 gebrochenen Zähne wieder abgebrochen.
Heute verzichte ich auf Laufen. An allen Ecken Schmerzen. Oberlippe und Nase rüsselartig geschwollen. Unruhige Nacht.
Weiß nicht, wie ich die Sache einordnen soll. Soll ich es lustig finden oder traurig, dass es mich wieder erwischt hat? Froh, dass es nicht schlimmer ausgegangen ist oder ärgerlich darüber, was passiert ist?
Wie auch immer - ändern kann ich es nicht.
Dabei war der Lauf vorher so gut, durch Eis und Nebel, entlang an vereisten Bächen, geheimnisvollen Vogelrufen.

13.01.09

WIE ES LÄUFT

Die Weihnachtszeit hat Gelegenheit geboten, etwas mehr zu laufen. Das kalte trockene Wetter war ideal. Ein bisschen mehr Sonne hätte ich mir doch gewünscht. Aber ich konnte einige Kilometerchen sammeln.
Zum alten Problem der Strecker kommt jetzt aber noch der Blasentrakt dazu, wenn auch schmerzfrei. Wenn es nicht besser wird, muss ich einige Zeit aussetzen. Vielleicht Rad fahren.
Derzeit spanne ich den Bogen für die zwei Bergläufe. Das bedeutet nicht nur Kilometer sammeln, sondern vor allem Höhenmeter. Etwas schwierig in unserem nur leicht hügeligen Gelände. Um 100 Meter hochzukommen, muss ich schon 4 km laufen. Vorgestern habe ich auf 22,5 km gerade mal 420 Höhenmeter zusammen bekommen. Und es soll (erst mal) das Sechsfache werden.
Der heutige Lauf sollte nur 15 km werden. Dunkle Nebel wallten, aber alles war von Rauhreif bedeckt. Es sah verzaubert aus. Immer wieder blendete ich Erinnerungsbilder von der Landschaft im Sommer in diese schwarz-weiße Landschaft hinein.
Dann bei km 7 am Horizont Himmelsblau. Die Sonne kam zwischen den Nebeln durch und brachte das Weiß im Blau zum Strahlen. Also musste ich noch eine Extrarunde laufen. Und dann wollte ich doch noch sehen, wie es 100 Meter höher aussah. Und am Schluss waren es 20,5 km bei -6° in 5:24 /km. Aber auch nur wieder 140 Höhenmeter.
Nix mit „Höher, weiter, schneller …“

06.01.09

„Genuss und Askese in der Leistungsgesellschaft“

Der Essay von Svenja Flaßpöhler über Genuss und Askese in der Leistungsgesellschaft im Deutschlandfunk fährt grobe Geschütze gegen den

„Trend zur Entsagung … wie er sich ausdrückt in Fitness-Studios, Wellness-Centern oder beim Endlos-Jogging“

auf: Marathontote, Schuldkomplexe, eine Stampede in einem Kaufhaus, überdrehte Werbesprüche, dunkle Benjaminzitate. Ein Schlagwort jagt das andere, Sportsucht, Magersucht, Geiz, Habgier. Was ist der Kern? Es gibt nach ihr eine dialektische Verflechtung von Askese und Habgier, Genussunfähigkeit wegen Schuldgefühlen. In der Askese

„genießt auch beispielsweise der Sportsüchtige, auch er will sich spüren, will in Ekstase geraten, sich vergessen im Rausch - man denke nur an den Marathonläufer, der wie von Sinnen und bis zum Umfallen erschöpft über die Ziellinie taumelt.“

„Sein Opfer indes bringt der Läufer durchaus mit einer gewissen Befriedigung dar - so, als stünde seine Leistung im Dienste von etwas Höherem, das ihm die Qual stillschweigend abverlangt und sie am Ende belohnen wird. Wie hatten wir vorhin gesagt? Der Sportler verausgabt sich, als ginge es um den Eintritt ins Himmelsreich. Der Verzicht-Genießer ist dieses Eintritts in der Tat insofern würdig, als er sich nicht, wie normalerweise durchs Genießen, Schuld auflädt, sondern ganz im Gegenteil Schuld abbaut.“

Das ist die alte Leier, von dem katholischen Chefarzt Lütz begonnen, von dem Konsumfetischisten Bolz übernommen: der Läufer hat einen Schuldkomplex. Sein Pfarrer hat zuviel über Erbsünde geredet. Flaßpöhler packt da noch die Finanzkrise mit drauf. Derart, dass das Wirtschaftssystem nur über die immer größere Verschuldung läuft, die von den Arbeitern abgearbeitet, abgelaufen werden muss.
Das ist natürlich nur Geschwätz. Was sagt uns Schuldgefühl über die Wirklichkeit angesichts der Tatsache, dass Massenmörder mit gutem Gefühl sehr alt werden, ihre Opfer aber darunter leiden, überlebt zu haben?
Mag auch Schuldgefühl den Läufer motivieren – seine Völlerei wie jetzt zur Fresszeit abzulaufen – so ist die Sache doch komplexer, individueller und durch solche Schlagwörter nicht begreifbar. Schon gar nicht trifft das uns Läufer im Inneren. Etwa so, dass wir uns nun endlich selbst verstehen und auf das Erlebnis des Laufens verzichten können oder müssen.
Dabei ist der Versuch von Flaßpöhler, die Dialektik von Genuss und Askese zu begreifen, nicht unfruchtbar. Etwa wenn sie sich in ihrem Genussbegriff an den Babys orientiert:


„Sie stecken sich alles, was in ihre Reichweite kommt, in den Mund und lutschen, schmecken, schlecken, um die Welt zu erkunden.“


Oder auffordert, die Gier auszuleben, denn

„ein tiefes Eintauchen in das Wesen der Dinge ist allein … dem Gierigen vorbehalten“.


Aber „Endlosjoggen“ ist auf der einen Seite vielleicht Überwindung von Widerständen, Trägheit, Müdigkeit, Unlust usw. – also „Verzicht“ – andererseits doch eine intensivere und erweiterte Erfahrung von Natur, von eigenem Körper, von Welt – also Bereicherung. Für diese Erfahrung ist allerdings eigene Bewegung notwendig; man kann sie nicht kaufen oder eintauschen.
Das ist aber nicht das Ideal der Kritikerin. Es ist nur „Wohlfühlgenuss“ - asozial.


„Mit einem Genuss im ursprünglichen Sinne, das heißt mit Rausch, Selbstverlust, Grenzauflösung und damit einhergehend, gemeinschaftlicher Vereinigung, hat ein solcher Wohlfühlgenuss ganz offensichtlich nichts mehr zu tun. Wohlfühlgenuss bedeutet vielmehr das gerade Gegenteil, nämlich Selbstkontrolle, Abgrenzung, Individuation und, damit einhergehend, Vereinsamung.“

Diese Diagnose hat einiges für sich, kann Irrwege beschreiben, trifft aber nicht den Kern der Läuferei.
In ihrem Genussbegriff ist sie fixiert auf den Genuss eines Objekts, so sehr, dass sie sogar die „gemeinschaftliche Vereinigung“ darunter einbezieht. Schon darin wenn nicht falsch doch mindestens unvollständig – weil es sich um soziale Beziehungen handelt – kann sie Laufen nur negativ als Vereinsamung begreifen. Abgesehen davon, dass das eine das andere nicht ausschließt, was soll daran so böse sein? Nur weil es dem herrschenden „Wertgesetz“ nicht entspricht? Die Freiheit und Unabhängigkeit von anderen Menschen, die sich im Laufen erfahren lässt, das Erfahren neuer Räume, die Hinausgehen über des sozial fixierten Selbst, die Unabhängigkeit vom Warenkonsum, was ist daran so schlimm?? Sportsucht - meinetwegen, aber sollte man nicht das Bedürfnis dahinter ernst nehmen, akzeptieren und richtig realisieren? Es muss sich nicht in dieser zerstörerischen und unproduktiven Form abspielen, die zwischen den Extremen von Gier, Größensucht und Selbstbestrafung hin und herschwankt.

Schreibt sie etwa aus eigener Erfahrung, wenn sie sagt, wir hätten


„uns angewöhnt, nach getaner Arbeit lieber noch eine Runde joggen zu gehen, zum Zwecke körperlicher Ertüchtigung und seelischen Ausgleichs, was gut tut nach einem harten Bürotag.“


Nein, es ist der Pluralis despectabilis, der Ton der Verächtlichkeit, in dem der Pfarrer von seinen Sündern spricht.

Was S.F. nicht begreift, ist der Wirklichkeits- und Autonomieverlust, der in der heutigen Welt stattfindet. Wir befinden uns auf unsicherem Boden, befinden uns in Abhängigkeiten, in immer eingeschränkteren Verhältnissen. Was nach Erfahrung eigener Relativität durch Schule, Arbeit, Politik, Wirtschaft, der Enteignung des Körpers durch die Arbeit noch bleibt ist dieser fragile Körper und seine Beziehung zur Erde, ein bisschen Freiheit in frischer Luft und freier Natur. Der Versuch angesichts dieser Bevormundungen durch soziale Umwelt und Medien („Deutschland“radio…) ein Gefühl eigener Autonomie zu finden.
Wie das gelingen kann, ist eine andere Frage.


Aber warum dieses Vorurteil gegen Sport? Warum ist für S.V.


„die Sportsucht längst zu einer ernst zunehmenden Zivilisationskrankheit avanciert. In Deutschland ist immerhin jeder Hundertste sportsüchtig.“?


Warum sind nicht die 33% oder mehr Couch-Potatoes ein „ernst zu nehmendes“ Problem? (Die Zahlen hole ich aus der gleichen Luft wie S.F.)
Madonna trainiert 4 Stunden - ihre Fans sicher nicht. Die Massen sitzen vor dem TV und glotzen Elitensport – kein Problem? Während ich „endlosjogge“, jagen Tausende von Fahrzeugen auf der naheliegenden Schnellstraße. Was verbrenne ich, was verbrennen sie? No problem.
Es gäbe also ernster zu nehmende Probleme, mit der sich eine Gesellschaftskritikerin auseinandersetzen könnte. Warum ist aber die Fitnessbewegung, kleine Minderheit, Ziel ihrer Kritik? Ich vermute folgende Gründe:
- die Fitnessbewegung ist Teil der gesellschaftlichen Konkurrenz, löst deswegen Konkurrenzängste aus, sozialen Neid gegenüber denen, die leichtfüßig davonlaufen - Haken schlagend. Die vorwiegend Sitzenden fühlen ihre Schwerfälligkeit und Schwäche, ihre Überlegenheit fühlt sich in Frage gestellt
- soziales Mobbing gehört zur Taktik der Herrschenden; mit der Ausgrenzung von Minderheiten sichern sie sich ihre Privilegien, den Genuss ohne körperliche Anstrengung
- die Abneigung gegenüber körperlicher Anstrengung liegt eine Abwertung von Arbeit und Arbeitern zugrunde – edel ist, wer den Teller nicht leer zu essen braucht. Wer Teures kauft, ist mehr wert. Die Elite braucht sich nicht zu bewegen, sie spricht und schreibt: Befehle.