22.02.09

„Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“

Jetzt habe ich es doch gelesen, das von A. Rühle besprochene Buch von Murakami. Rezensionen habe ich schon erwähnt.
Murakami schreibt von verschiedenen Marathons, warum er läuft, von Triathlons in den letzten Jahren.
Warum läuft er? Als Schriftsteller sitzt er täglich mehrere Stunden am Schreibtisch. Dabei bildet sich Gift in seiner Seele, das er durch Laufen wieder abbaut.
Der Tonfall des Buches ist resignativ. Vielleicht derart: Es geht alles bergab, die Kräfte, es ist alles so mühsam, eigentlich ist Laufen nutzlos, aber es doch ganz nett, trifft man doch dabei ein paar Bekannte, sieht unterwegs eine hübsche Frau, der Körper ist nicht mehr so fett, die Muskeln, die tun ab und zu, was Herr Murakami will.
Dass ein Mensch, der trotz fehlender großer Erlebnisse und Erfolge, trotzdem tapfer weiterläuft, weckt Interesse und vielleicht die Hoffnung, dass er Bücher schreibt, die interessanter sind, als dieses.
Denn, obwohl er einiges an Interessantem ansammelt, etwa die Kette von Misserfolgen, die Beschreibung von der Nutzlosigkeit des Laufens, die Unmöglichkeit, seine Motive zu beschreiben, dieser gewollte Zustand der Sinnlosigkeit, fragt man sich doch, was ist nun so besonders lesenswert an dieser Art von Aussage- und Denkverweigerung. Irgendwelche misslungenen Marathons, die ja meistens interessanter sind als die gelungenen, kann jeder Läufer abliefern. Wenn ein solcher Mensch ein erfolgreicher Schriftsteller ist, dann müssen diese Bücher doch mehr Pep haben als dieses.
Aber vielleicht liegt Murakamis Charme in seiner Naivität, kritisches Denken zu verweigern und relativ gedankenlos durch die Gegend zu traben. Schon professionell ignorant, wenn er davon erzählt, wie er über die Kontinente düst: mal ist er in Honolulu, mal in Boston, mal in Tokio (veredelt geschrieben als „Tokyo“), mal in New York, Athen oder Sonstirgendwo.
Manchmal auch einfach Unsinn, wenn er von seinen Pulsraten erzählt. Nach einer halben Stunde Laufen ist er bei 70, bei Laufen mit ganzer Kraft kommt er auf 100 … olalala! (S.77f). Das ist wohl „magischer Realismus“.

Von dem Gift, das da beim Schreiben hochkommt, hätte ich gerne mehr erfahren, hätte es doch mehr Aufschluss über das Laufen gegeben. Schön die Szene vor dem Spiegel: er sieht seinen Körper und zählt die Unstimmigkeiten. Bei Nummer 26 hört er auf, will nicht weiterzählen. Er ekelt sich vor sich selber und fühlt sich körperlich als unzulänglich. Das ist eine entschieden bessere und soziale Methode, über sich zu reden, als immer nur seine Großartigkeit anzupreisen, wie es manche Jogger gerne machen. Und es führt auch zu einer der Grundmotivationen des Läufers: die Sorge um die Verbesserung des eigenen Ersheinungsbildes.

Diese Woche war ich so erfolgreich wie Murakami. Ein Virus oder dergleichen setzte mein Verdauungssystem lahm, ich verlor über 2 kg, fast alle Kraft und muss wohl wieder von vorne beginnen. Mensch ärgere Dich nicht.

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