05.08.07

EIN LÄUFERTYP - ASOZIAL


Bei einem Läufer, den ich kenne, frage ich mich, ob Laufen wirklich eine gute Sache ist oder nur Teil einer gestörten und eitlen Persönlichkeit. Es handelt sich um den Geschäftsführer einer Firma.
Er legt viel Eifer an den Tag, ist innovativ, macht auf jugendlich und sportlich – ca. 40. Er zieht aber das Leistungstempo in der Firma an. Neue Zweige werden gegründet, immer wieder erscheint er mit seinen Fotos und Innovationen in den diversen Lokalblättchen. Auch dann, wenn er fast gar nichts dafür getan hat. Er lässt sich von seinen „Mitarbeitern“ Vorträge schreiben, um sie dann im eigenen Namen zu halten. Personal Coaching wird betrieben. Glatzköpfige Berater kommen, um verkünden zu lassen, Kritik an Führungskräften wäre nicht mehr erlaubt. Es müsse Ordnung herrschen. Die Kontrolle über die „Mitarbeiter“ wird verschärft, alles soll protokolliert werden. Die Hierarchie im Betrieb macht sich bemerkbar. Führungsstrukturen setzen sich durch. Mitarbeiterbesprechungen werden zu Kampfgefechten, bis sie zur Resignation führen. Ältere Mitarbeiter gehen, es gibt Kündigungen, Vergleiche, Mobbing. Die Jüngeren identifizieren sich anscheinend mit dem Chef. Zwar nehmen die neuen teuren Projekte viel Geld weg – der Chef leistet sich einen neuen Betriebsvolvo (SPD?), seine Frau wird 100 km weiter weg mit dem Auto geblitzt – aber dafür stellt er Ein-Euro-Jobber ein, die der Firma und der Autoindustrie das nötige Geld bringen. Bei den einen „Mitarbeitern“ macht sich Resignation und das Gefühl von Sinnlosigkeit breit, - die, die mitmachen, bekommen Zeitgutschriften für Betriebsfeiern, dürfen bei Arbeitsessen und -trinken „Betriebsgemeinschaft“ erfahren. Tätowierungen und Totenköpfe tauchen auf. Es werden Lauf- und Walkinggruppen gebildet, gemeinsame Anmeldungen bei Rennen, im gemeinsamen T-Shirt. Eine Taktik des Chefs war es ja, eine „Betriebsidentität“ oder „Wir-Gefühl“ aufzubauen. Das betrifft natürlich nur die Führungsebene, nicht die der Arbeiter. Für die sieht der Chef eine 40-Stunden-Woche vor, das wird durchgezogen. Zwar ist nicht genügend Arbeit da, aber es geht um Kontrolle und Verfügbarkeit von Untergeordneten. Kontrolle erstreckt sich bei ihm auch auf die Sonn- und Feiertage, an denen er durch die Firma strolcht.
Als Läufer ist er sichtlich im Stress. Er muss noch nachts durch die Stadt rennen. Die Kilometer pro Woche gehen in die 50, 60. Bei Halbmarathons schafft er schließlich um die 2 Stunden. Immer wieder bricht er bei Läufen ein.
Laufen ist bei ihm Teil einer asozialen Persönlichkeit. Da ist ein vielleicht nicht schlechter Leistungsdrang; er will anerkannt und beliebt sein, sich hervortun vor anderen. Aber er hat Schwierigkeiten, mit Skepsis und Erfahrungen anderer Menschen umzugehen. Deswegen übt er Druck aus, beginnt sich abzusondern und aufzublasen.

Keine Kommentare: