09.01.08

WANDERUNG IN EIN ANDERES SPANIEN II



Zweiter Tag: Eslida – Villamalur (28 km/ +1150 – 850)
An diesem Tag war viel Wandern durch Wälder und manche Abstiege in Dörfchen angesagt.


Anlagen mit leckeren Orangen, blühenden Kirschbäumen. Die Dörfer sind in den 60er Jahren verlassen worden, werden heute als Wochenendresidenzen vernutzt, haben einen geschlossenen alten schönen Kern, aber zerfransen an den Rändern durch moderne Projekte.

Wir lassen uns oberhalb einer Strasse auf 750 Meereshöhe in einer Mandelterrasse nieder. Es wird schon recht frisch in der Nacht. Kein einziges Auto weit und breit.

Dritter Tag: Villamalur – Montanejos (27 km / +300 -800)


Die Landschaft wird weit, man kann schon unser Wanderziel, den Penyagolosa sehen. Ginster weit und breit, Bienenstöcke, Wege für die Feuerwehr – hier haben Waldbrände vor einigen Jahren das Gelände abgebrannt.


Die Zeichen wurden von den Planierraupen weggeschoben und wir verirren uns. Als wir in dem Städtchen unser Ziel, das „Refugio de Escaladores“ suchen, werden wir enttäuscht. Wir sind erst in Montan und es sind noch mal 6 km nach Montanejos.

Also Füße abgelatscht auf der Straße und dann haben wir Glück: trotz Umbauarbeiten bekommen wir einen Campingplatz mit Dusche.
Bei Nacht muss ich aber auf die Toilette, und dazu mangels Intelligenz über einen Zaun springen und hol mir den Hexenschuss des Jahres.

Vierter Tag: Montanejos – Villahermosa (Masia Roncales) (30,7 km / +1080 -980)



Heute wandern wir zuerst hoch, dann wieder runter in ein enges Tal, dann wieder hoch an einem Dorf von Hippies vorbei (Autos, Plastikplanen, vernachlässigte Gärten) und kommen endlich auf eine weite Hochfläche. Der Wind bläst eisig, wir finden keinen gemütlichen Platz zum Essen. Bei einem Kloster, Ermita de San Bartolomé, sehen wir einen Wiedehopf. Als ich ihn fotografieren will, geht die Kamera nicht mehr. Es ist für den Akku zu kalt geworden und ich muss ihn nun immer in der Hosentasche tragen.



Es geht runter nach Villahermosa. Wolken, Wind, Nebel, Regen. Im Dorf, es liegt am Berg, suchen wir nach dem Weg, es ist so steil, dass meine Compañera in der Nässe ausrutscht und auf den Rücken fällt. Nach ein paar mal hin und her und Fragen schlagen wir einen Weg ein, gut für Autofahrer aber nichts für Wanderer. Wir gehen und gehen, es wird immer kälter und dunkler. Endlich zweigt ein Weg in die richtige Richtung ab, aber es ist noch weit bis wir endlich dahin kommen, wo wir wollten. Ein paar Leute kommen uns entgegen, die Besitzer des Hostals Masia Roncales, sie wollen gerade weggehen. Wir hätten uns anmelden sollen, aber wir haben Glück. Und ich verbringe nach Gesprächen am Kaminfeuer eine ungute Nacht, denn der Hexenschuss hat mich nun voll erwischt.




Fünfter Tag: Masia Roncales – Sant Joan de Penyagolosa – San Miquel de Torrocelles (26,9 km / +890 -950)





Ich kann kaum mehr gehen. Mit ASS und Massage komm ich in die Gänge, beim Gehen wird es besser. Zuerst in einem Flusstal mal rechts, mal links, immer höher. Nebel, kalte Winde und düstere Aussichten.

Durchgefroren kommen wir zu dem Ermitorio de Sant Joan de Penyagolosa auf 1300 Meter Höhe. Dort machen wir uns was Warmes. Es gibt meist Kamin und Wasser. Diese Er(e)mitas sind Orte, zu denen an bestimmten Tagen die umliegenden Dörfer wandern, um dort Feste -Romerias - zu feiern.
Den Penyagolosa (1813 m), den magischen Berg der Region, zu besteigen, war angesichts meines Rückens und des ungemütlichen Wetters keine Option. Also wieder langsam bergab. Der Wind holt uns ein - dunkle Wolken.
Es schneit. Und dann wieder blauer Himmel.

In diesem irren Dorf Xodos wieder ein eisiger Sturm. Wir treffen dort eine junge skandinavische Wanderin die nach oben will. Sie ist mit einem Hund unterwegs, der auch ein Rucksäcklein trägt. Wir fragen sie nach dem Weg, sie gibt uns Tipps und wir können ihr welche geben.
Nach einigen falschen Versuchen finden wir den Weg herunter aus dem Dorf. Das Wetter wird jetzt sonnig, bleibt aber kalt. In ganz Europa gibt es einen Kälteeinbruch mit Schnee.


Wir haben nun Weitsicht, strahlende Ausblicke bis ans Meer.



Wieder in einer Eremita campieren wir. Kein guter Tipp an diesem Tag, denn der eiskalte Wind fängt sich in dem Innenhof der Eremita und saust wild im Kreis umher. Der Kocher schafft es kaum, das Wasser zum Kochen zu bringen. Der Betonboden ist verdammt hart, das Zelt wird hin und hergezogen. Am Morgen brauche ich fast eine Stunde, bis ich mich wieder bewegen kann. Es ist so kalt, dass Sitzen keinen Spaß macht.




Der Läufer J.A.Ruiz schreibt in seinem Bericht über diese Strecke: “Dieses permanente steinige Auf und Ab quälen meine Knochen und der Schmerz, den ich durch die Blasen mit mir schleppe, ist unerträglich. Es kommt mir vor, als sollten alle Steine der Provinz mich stechen.“

Sechster Tag: San Miquel de Torrocelles - Bassa de les Oronetes (18 km / +450 -650)
Jetzt wird es wieder wärmer, die Berge sanfter. Ohnehin geht es mehr bergab. Immer wieder blicken wir zurück zu dem magischen Berg.



Es geht durch ein großes Flussbett ohne Wasser, die „Rambla de la Viuda“, dem „Flussbett der Witwe“. Ein Stausee, der davon sein Wasser bezieht, ist am Austrocknen. Auf der anderen Seite dieses „Flusses“ geht es wieder hoch zu unserem letzten wilden Camp auf einer Oliventerrasse. Ein wunderschöner Blick auf das nun mehr und mehr besiedelte Tal. Es ist gut, dass die Provinzregierung verhindern will, dass hier die Landschaft zersiedelt wird. Aber etwas neidisch auf die Besitzer dieser alten und zerfallenden Masias sind wir schon.



Mit gemütlichem Essen wird es diesen Abend und den nächsten Morgen wieder nichts, da es in der Nacht eisig kalt wird.

Siebter Tag: Bassa de les Oronetes – Vilafames – Pobla Tornesa – Benicàssim (29 +8 km / +278 -678)
An diesem Tag weichen wir vom GR 33 ab, um auf direktem Weg wieder nach Benicássim zu kommen. Dazu müssen wir Straßen benutzen. Wir wissen, dass das hart für Füsse und Moral werden wird. Zuerst noch wenig Verkehr, ab Vilafmaes, einer beeindruckenden Stadt auf einem Berg, Lastwagen nach Lastwagen. Ihr Ziel ist die Keramikindustrie um Vilafames bis Pobla Tornesa. Hier ist eine Fabrik neben der anderen und hierher sind damals die Bauern aus den menschenleeren Dörfchen, durch die wir gewandert sind, zum Arbeiten hingezogen.



In Pobla Tornesa können wir endlich die Straße verlassen und wandern über eine breite Kiesstraße hoch zum Mauleselpass Coll de la Mola (537). Oben eine herrliche Aussicht über die Küste von Castelló bis Benicássim. Dann ein weniger amüsanter Abgang durch die Villenviertel der Reichen, in die mit Straßen, Autobahnen, Siedlungen schwer erträgliche Tiefebene. Der Stress des modernen Lebens: Springen von einer Straßenseite auf die andere, Autos ausweichen, stupide endlose Siedlungen. Aber auch wir suchen hier einen Campingplatz und wollen am nächsten Tag über Castelló wieder zurück nach Deutschland.




Auf dem Weg vom Campingplatz bis zum alten Siedlungskern zum Einkaufen gehen wir noch einmal über 8 km, aber ohne Gepäck.
Im Bus muss ich meine Billiglaufschuhe verstecken, nach 1200 km sind sie recht ramponiert und haben ihre endgültige Ruhe verdient
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