08.07.07

RECADERO, DER BOTE


Warum habe ich mir diesen Namen ausgesucht?
Wenn ich laufe – korrekterweise: „gelaufen bin“ – dann habe ich immer die Fantasie eines Läufers im Kopf, der eine Nachricht überbringt, eines Kuriers, eines Boten. „Recadero“ ist im Spanischen ein Bote, der in der Gemeinde die Briefe austeilt. Ich kenne von meiner Kindheit her den Gemeindebüttel, der mit einer Glocke in der Hand von Straße zu Straße zog, und „Bekanntmachung!!“ rufend die neuesten Verordnungen des Bürgermeisters verlas.
Ein Kurier ist nach Wahrig ein Bote oder Eilbote, von dem französischen „courrier“ (Kurier oder Eilbote, aber auch Herumstreicher) herkommend. Dazu passt das lateinische „currere“ oder spanische „correr“ für Rennen.
Hermes ist übrigens der griechische Götterbote: er vermittelt mit seinen Botschaften zwischen Götter und Menschen, Tod und Leben. Weil er schneller als das Licht und er es also gerne eilig hat, wird er zum Gott der Läufer, Wanderer, Touristen und – Diebe. Sogar die „Hermeneutik“, die Kunst der Verständigung, ist nach ihm benannt.
Bei den Römern wird Hermes zu „
Merkur“. Von ihm bekommt der schnellste Planet seinen Namen. Einfach auch die Wortverbindung zum Kurier.

Jetzt fehlt noch eine Geschichte aus
Grimms Märchen „Sechse kommen durch die Welt“. Da will ein entlassener Soldat sich Lohn und Pension von seinem gierigen König holen und sammelt verschiedene Gefährten um sich. Und


über eine Zeit sahen sie einen, der stand da auf einem Bein, und hatte das andere abgeschnallt und neben sich gelegt. Da sprach der Herr: "Du hast dirs ja bequem gemacht zum Ausruhen."
"Ich bin ein Läufer", antwortete er, "und damit ich nicht gar zu schnell springe, habe ich mir das eine Bein abgeschnallt; wenn ich mit zwei Beinen laufe, so gehts geschwinder, als ein Vogel fliegt."


Schöne Idee, sich ein Bein abschnallen können. Das würde ich derzeit auch immer gerne, wenn mich der Ischias plagt. Und dann wieder losfliegen mit dem nun neu angeschnallten Bein.

Dass der Leser nicht denkt, das mit dem Boten wäre nur meine private Fantasie, weise ich noch auf die
Inkastaffel hin. Die Sendung kam schon mehrmals im Fernsehen.
Dabei sind 7 Läufer in 15 Tagen 3500 km von Chile nach Peru gerannt auf alten Inkapfaden, auf denen damals im Inkareich die Botschaften mit Knotenschnüren transportiert wurden. Dabei haben sie sich staffelmäßig abgewechselt für Etappen zwischen 10 und 50 km je Läufer am Tag.

Jetzt hätte ich fast noch das wichtigste Beispiel für die Botenfunktion des Läufers vergessen: den Krieger, der die Botschaft vom Sieg der Athener über die Perser 490 v.Chr. von Marathon nach Athen (oder auch Sparta) trägt.

Diese Läuferfantasien zeigen mir unter Anderem:
- der Läufer will etwas sagen, vermitteln
- oft zwischen Autorität und Volk
- wenn er sich nicht zu Tode quälen will wie der Grieche, sollte er ein anschnallbares Bein haben, also ein mechanisches Verhältnis zu sich selber.

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