24.06.07

27.Mai 2007 Eine neue Datscha


3 km entfernt von der letzten wird mit viel Beton diese neue Datscha gebaut.
Heute hätte ich laufen müssen. Aber nach dem letzten langen Lauf und Schnecken sammeln im Garten (bis jetzt über 2000) hatte ich mit dem Ischiasnerv nur Probleme, Schmerzen bei Nacht, im Sitzen und Stehen, Kribbeln und Taubheitsgefühle im rechten Bein bis in die Zehenspitzen. Deswegen bin ich gezwungen zu pausieren. Wenn es so weitergeht, werde ich zum Orthopäden gehen müssen. Der Nerv scheint eingeklemmt zu sein. Schmeckt mir gar nicht.
In einer Sendung im SR2, einem
Gespräch mit G. Wallraff höre ich, dass dieser sich wegen einem Bandscheibenvorfall operieren lassen musste. Und er hat ja auch immer intensiv Sport getrieben, ist den Marathon mit 2:50 gelaufen.
Jetzt sitze ich also da und setze Fett an? Vielleicht reicht es zu einer Radtour?
Vielleicht auch eine Gelegenheit, heute an Pfingsten über Religion und Sport nachzudenken.
„Frisch fromm fröhlich frei“. War mal ein Erziehungsideal. Oder „Mens sana in corpore sano“, „ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“. Ob das stimmt? Manchmal komme ich auf gute Gedanken, manchmal drehen sich meine Gedanken auch nur polemisierend im Kreis.
Es gibt religiöse
Kritiker, die sagen Sport, Fitness wäre Ersatzreligion geworden.
Der Tod, Schmerz, Erfolglosigkeit, Leiden würden verdrängt werden. Man glaube, wenn man immer schön sportlich wäre, würde man nie sterben. Vielleicht denken die Sportler ebenso wenig gerne an Sterben, wie die anderen auch. Denkt der Raucher, denken ungesund lebende etwa mehr daran? Ist Gesundheit vielleicht nicht besser als Jammern über Krankheiten, ein Kult des Leidens?
Hinter Sport stehe ein „Kult des Wesens Mensch“ in seiner jugendlich kräftigen und gesunden Form, eine Vergötzung des Menschen. Aber ich nehme an, dass die Heiligen der Kirche im Himmel nicht mit Krücken herumlaufen. Oder singen sie nur? Ist die menschliche Natur schlecht?
Dem Sport, vor allem den wettbewerbsorientiertem Sport haftet etwas Aggressives an. Es geht um Besiegen, Überlegenheit, eine Leistung, die andere nicht schaffen. Man findet deswegen sportliche Ideale in kriegerischen aggressiven Kulturen, bei jener Generation, die unter dem Druck von Testosteronen steht. Und zu Grunde liegend eine Weltanschauung, die das Recht des Stärkeren bekräftigt. Sport in dieser Form lässt nicht mehr ruhen, er fordert immer höhere Leistungen heraus, die Verschärfung der Konkurrenz bis zum endgültigen Sieg oder der letzten Niederlage.
Sport sei etwas Narzisstisches, also dem Sportler ginge es hauptsächlich um die Bestätigung des eigenen Egos, der Schönheit seines Körpers, der Demonstration seiner Überlegenheit. Ich glaube, daran ist viel Wahres. Aber ist anderen gedient, wenn sie es mit einem mit unzufriedenen und kranken Menschen zu tun haben?
Schließlich könnte ein religiöser Mensch einwenden: Sport sei Ausdruck eines geheimen Schuldgefühls, entstehe durch die Unzufriedenheit des modernen Menschen mit sich selbst, des Menschen, der sich von anderen, oder Gott, nicht mehr geliebt fühlt. Dieser Mensch hole sich dann durch den Sport die Achtung anderer Menschen. Indem er seinen Körper quält wie ein büßender Mönch des Mittelalters oder ein sich geißelnder Schiit in Bagdad, glaubt er seine Sünden (Torten, Trägheit, Muffligkeit) abzubüßen.
Ja, da ist vielleicht was dran.
Aber ich glaube nicht, dass Sport die großen Realitäten des Lebens ändert, und ich glaube auch nicht, dass das die Sportler glauben. Wenn die Sportler statt in die Kirche zum Joggen gehen, hat das aber mehr mit der Unglaubwürdigkeit der Kirchen zu tun.

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